03. Oktober 2010: Barfuß am Strand – wer braucht schon Schuhe?

Wie bescheuert muss man eigentlich sein, um sich die Schuhe klauen zu lassen? Ja, ja, ja, es war einfach nur unglaublich dämlich, die Sandalen unbewacht am Strand stehenzulassen. Aber es war so verlockend. Wir waren früh morgens zum Strand runtergelaufen und wollten den Spaziergang barfuß fortsetzen. Der Strand war menschenleer, warum also nicht die Sandalen einfach stehenlassen, statt mit sich herumzutragen? Ganz einfach: Weil sie dann weg sind! Wissen wir jetzt auch.

Dirk war sauer. Stinksauer. Auf sich, auf mich, auf unsere Blödheit und natürlich auf den Schuhdieb. In bester Detektivmanier verfolgte er dessen Spur – der Kerl hatte die Sandalen nicht nur geklaut, sondern Dirks auch noch gleich angezogen. Überraschenderweise bleib die Verfolgungsjagd allerdings erfolglos. Und irgendwann hakte auch Dirk die Sache mit dem Kommentar ab: „Lessons learned!“ Entwicklungshilfe in Sachen „ordentliches Schuhwerk“. Wir saßen auf unserer Campsite und mussten mal wieder über uns selbst lachen.

Von einem hinterhältigen Sandalendieb würden wir uns die Laune nicht verderben lassen, dazu gefiel es uns am Barra Lighthouse viel zu gut. Etwas erhöht gelegen, mit vielen schattenspendenden Nadelbäumen, hat man einen tollen Blick auf das Meer. Am Abend zuvor hatte uns allerdings irritiert, dass dauernd irgend etwas tropfte. Wir hatten zunächst die Vögel in Verdacht … Falsch geraten, die Bäume waren es. An ihren langen Nadeln setzt sich die Feuchtigkeit aus der Seeluft ab. Das Phänomen hatten wir auf Teneriffa schon einmal beobachtet. Und dann tropft es harmlosen, nichtsahnenden Touristen auf den Kopf.

Strand, Barra Lighthouse Camping

Mittagessen – und was für eins!

Zwischendurch waren zwei der Jungs gekommen um die Platzmiete zu kassieren und hatten behauptet, dass auch die Bar abends geöffnet sei. Wir konnten es kaum glauben. Und sollten mit unseren Zweifeln Recht behalten. Also sorgten wir dafür, dass wir mittags etwas zu essen bekamen. Wir spazierten den Strand hinunter und suchten uns ein Lokal zum Mittagessen. Ein riesiges gegrilltes T-Bone-Steak, eine Boerewors, dazu Pap und Knobibrot. Lecker, das hatten wir gebraucht.

Ich vor allem, nachdem mir vormittags spontan mein Kreislauf abhanden gekommen war. Ich saß so auf meinem Campingsessel und schaute mir intensiv meine (dreckige – keine Sandalen!) Fußsohle an und bemerkte, dass einer meiner Zehen auf der Unterseite so richtig schön blau-violett gefärbt war. Warum auch immer. Normalerweise schockt mich ein solcher Anblick eher weniger. Diesmal allerdings warf er mich komplett aus der Bahn und in den Autositz, wo ich dann nach einer guten halben Stunde und ein paar Tropfen endlich auch meinen Kreislauf wiederfand.

Das restliche Tagesprogramm war damit klar: faul rumsitzen und den ach so lädierten Zeh kühlen. Das fiel uns natürlich extrem schwer und war nur mit zwei Windhoek Lager zu ertragen. Kühlung von innen sozusagen. Das war dann auch tatsächlich alles für diesen Tag. Fast unnötig zu sagen, dass die Bar wieder geschlossen war.

Barra Lighthouse Camping, Bienenfresser, Sonnenuntergang

02. Oktober 2010: Die Philosophie der Baustelle

Oh ja, wir hätten es auch sehr gut noch ein paar Tage in der Casa Rex ausgehalten. Die nette, ständig lachende Angestellte hatte auch am Abend zuvor beim Abendessen angeboten, das unseren Chefs zu erklären. Erfolgschancen allerdings nahezu null. Deshalb brachen wir nach dem Frühstück auf Richtung Barra, wo wir ein paar Tage am Lighthouse Camping bleiben wollten. Nach zwanzig Minuten hatten wir allerdings umgedreht. Nein, nicht, um doch in der Casa Rex zu bleiben, sondern weil wir vergessen hatten, die Tip Box ordentlich zu füllen. Danach ging es dann aber endgültig zügig nach Barra. Also was man dort so „zügig“ nennt.

Wer denkt, dass Baustellen in Afrika dazu dienen, Straßen zu bauen oder zu erneuern und damit die Infrastruktur zu verbessern, der irrt sich gewaltig. Nein, wir sind nach vielen Reisen in Afrika inzwischen fest davon überzeugt, dass diese Baustellen einen ganz anderen Sinn und Zweck haben: die Menschen Geduld zu lehren.

Geduld. Ja. Bekanntermaßen eine meiner größten Tugenden. Will sagen: Ich bin fast wahnsinnig geworden, als wir hinter drei Kleinlastern den unbefestigten Weg neben der Straße entlangholperten, weil auf der Straße nämlich Baustelle war. Oh, ich hätte so gerne allen entlang der Strecke meine Meinung zur Sinnhaftigkeit der 15 Kilometer langen „Umleitung“ gesagt. Aber Dirk weigerte sich standhaft anzuhalten und ich wollte nicht aus dem fahrenden Auto springen. Andererseits – was hätte bei 17 km/h schon großartig passieren sollen?

Wendekreis des Steinbocks, Barra Lighthouse Camping

Chips statt Fish

Wir brachten die Baustelle dann doch noch mit Anstand hinter uns, kamen zwischen Inhambane und Tofo in eine (harmlose) Polizeikontrolle und erreichten am Ende einer welligen Tiefsandstrecke das Barra Lighthouse Camping. Toller Ausblick, toller Platz, nur leider war kein Mensch da. Nach lautem Rufen erschien dann doch noch ein junger Kerl, der uns erklärte, wir könnten uns einfach eine Campsite aussuchen. Und der dann wieder verschwand.

Gesagt, getan, Zelt aufgebaut, Abendessen an der Bar, die laut Lonely Planet „tasty seafood“ anbieten sollte. So viel zu unserem genialen Plan. Die Realität: Bier aus unserem eigenen Kühlschrank und zum Abendessen die letzten Chipsreserven. Ein Franzose, der ebenfalls dort zeltete, erzählte uns, der Manager sei unterwegs. Aha. Und die Jungs hatten die Bar einfach zugemacht. Na toll. Stellte sich die Frage: Sollten wir wirklich wie geplant zwei Nächte bleiben oder doch lieber am nächsten Tag weiterfahren? No Risk, no Fun – und der Platz war wirklich schön. Wir würden bleiben!

Barra Lighthouse Camping, Strand, Krabbe

01. Oktober 2010: Inseln in Sicht? Fehlanzeige. Oder doch nicht?

Na prima, so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Wir wollten mit einer Dhow zur Insel Magaruque fahren und dort den Tag verbringen. Und für die zu erwartenden Postkartenmotive brauchten wir natürlich strahlenden Sonnenschein. Der war aber nicht zu sehen, als wir um viertel nach sechs aus dem Fenster schauten. Stattdessen sahen wir – nichts. Es war unglaublich dunstig, die Inseln, die sich sonst klar am Horizont abzeichneten, waren verschwunden. Und die einzige Änderung in Sicht: hereinziehende dunkle Wolken.

Aber Afrika hat uns in vielen Dinge gelehrt: Relax, das wird schon. Wurde es auch. Wir kamen (durch eigene Schuld – Thema Kommunikation zwischen Männlein und Weiblein) eine Viertelstunde zu spät bei Sail away-Safaris an. War aber kein Problem, eine kurze Einweisung, dann konnten wir aufs Boot. Wo acht weitere Ausflügler und die dreiköpfige Crew schon warteten. Wie peinlich! Niemand nahm uns die Verspätung übel, die Stimmung war gut. Die anderen acht waren Teil einer deutschen Overlander-Gruppe und durchweg sehr nett. Also auf nach Magaruque. Über glasklares, türkisfarbenes Wasser (ganz ruhige Fahrt – toll für mich!), während der „Chef“ Kaffee ausschenkte und schon mal die Krabben fürs Mittagessen vorbereitete.

Bazaruto-Archipel

Postkartenkitsch und Fotorausch

Als wir nach einer guten Stunde ankamen, war klar: Die Sonne würde den Dunst besiegen und uns einen wunderschönen Tag bescheren. Wir spazierten ein gutes Stündchen den Strand entlang, immer wieder begeistert von den toten Bäumen, die von Sonne, Salz und Wind ganz weiß waren und zusammen mit dem blauen Meer und dem hellen Sand tolle Fotomotive abgaben. Dirk schnorchelte danach noch kurz, bevor wir uns das leckere Mittagessen schmecken ließen.

War das lecker – und irgendwie herrlich dekadent: Da saßen wir an einem Traumstrand und aßen gemütlich Salat und Reis, dazu eine Tomatensoße mit frischen Calamari, gegrillten Big Eye Kingfish (Großaugenmakrele) und Riesenkrabben. Und das alles zubereitet auf einer einzigen Feuerstelle auf dem Boot. Warum auch immer – wir waren rundum zufrieden.

Der Nachmittag verging erneut mit Schnorcheln, Fotografieren, einfach genießen. Auf der Rückfahrt – diesmal mit gehissten Segeln, sehr fotogen – gab es dann auch noch frisches Popcorn. Sensationell. Wir waren zum Sonnenuntergang zurück in der Casa Rex, duschten Sand und Salz ab und freuten uns schon wieder auf das Abendessen: Squid in Garlic and Lemon Butter, dazu ein kühler südafrikanischer Weißwein. Weitere Kommentare überflüssig.

Bazaruto-Archipel, Strand

30. September 2010: Wir machen nix!

Vilankulos, Casa Rex

Was war das schön! Wir hatten uns für diesen Tag genau eines vorgenommen: Relax! Und das setzten wir vom frühen (wirklich frühen) Morgen an in die Tat um. Um zwanzig vor sechs waren wir beide hellwach. Frühstück gab es allerdings erst ab sieben, also blieb uns nichts anderes übrig: Wir mussten die Balkontür weit aufmachen und vom Bett aus einfach eine Stunde lang nichts weiter tun, als auf den dunkelblau bis türkisfarben schimmernden indischen Ozean zu schauen.

Um kurz nach sieben saßen wir hungrig am Frühstückstisch. Ja, der afrikanische Rhythmus hatte uns im Griff und wir genossen es in vollen Zügen. Welche eine Aussicht auf einen faulen Tag. Und welch ein Frühstück zum Start: Eier, Speck, Grilltomate, Bohnen, … Pancakes, frische Fruchtsäfte, Obst, … Einfach nur herrlich. Und danach? Danach lagen wir lesend in der Sonne (na gut, meist eher im Schatten), gönnten uns zwischendurch eine Abkühlung im Pool und dann ein kleines Mittagessen mit zwei Gläsern gut gekühltem südafrikanischem Weißwein. Es lässt sich nicht anders sagen: Uns ging es richtig gut.

Der Nachmittag verlief ähnlich aufregend, am Abend ließen wir uns wieder das leckere Essen in der Casa Rex schmecken und freuten uns auf den nächsten Tag. Also Dirk freute sich wie ein Keks und ich war skeptisch. Mit einer Dhow zu einer der Inseln im Bazaruto-Archipel sollte es gehen. Mit einer Dhow. Hilfe!!!

29. September 2010: Hallo Strand!

Es war wieder einmal eine Befreiung: endlich eine Nacht in „unserem“ Dachzelt. Wir hatten gut geschlafen, in den Schlaf gerauscht von der nahen Meeresbrandung, und waren fast eine Stunde vor dem Weckerklingeln wach. Um viertel vor sechs trieb uns die aufgehende Sonne aus dem Zelt. Schnell zusammenpacken und dann erst einmal zum Fotografieren an den wunderschönen Strand. Auf den paar Metern dorthin begegnete uns der Bäcker mit seinem Fahrrad und versorgte uns erst einmal mit süßem Gebäck. Willkommener Proviant für die lange Strecke, die an diesem Tag vor uns lag. Bevor wir Richtung Vilankulos aufbrachen, schauten wir aber amüsiert den Krabben zu, die immer ins Wasser liefen und von den Wellen zurück auf den Strand geworfen wurden. Also wieder von vorne … Ein witziges Schauspiel.

Xai Xai, Strand

Ein Loblied auf den Straßenbau

Um viertel nach sieben waren wir abfahrtbereit, vor uns lagen 450 Kilometer bis Vilankulos. Eigentlich nicht viel, aber in einem Land, in dem man optimistisch mit einem Schnitt von 60km/h kalkuliert, kann das eine lange Strecke werden. Und gleich hinter Xai Xai bekamen wir dann auch schon einen Eindruck, was in zahlreichen Reiseberichten mit „schlaglochübersähter Piste“ gemeint war. Die Straße war mehr Loch als Teer. Slalomkünste und Reaktionsvermögen waren gefragt.

Zum Glück war dieser Flickenteppich nach gut 20 Kilometern schon wieder zu Ende, der Rest der Strecke war bereits neu – Mosambik hat in den letzten Jahren irrsinnigen Aufwand im Straßenbau betrieben – und entsprechend gut ließ sich die Strecke fahren. Wenn man ein wachsames Auge auf die Menschen und Tiere am Straßenrand hatte, versteht sich. Wir lagen gut im Zeitplan, daran änderte auch die kilometerlange, nervige Baustelle hinter Massinga nichts mehr. Und die Polizeikontrollen waren ebenfalls deutlich weniger geworden. Alles in allem also trotz der Länge eine recht entspannte Fahrt.

So muss Urlaub sein

Gleich für drei Nächte hatten wir uns in der Casa Rex in Vilankulos eingebucht. Und das war eine gute Entscheidung gewesen. Denn kaum hatten wir gegen halb vier endlich das Zimmer bezogen, stand unser Urteil auch schon fest: traumhaft! Mit einem kühlen mosambikanischen Bier saßen wir auf unserem Balkon, schauten aufs Meer und spürten, wie sich ganz langsam von hinten die Entspannung anschlich. Ein leckeres Abendessen, bei dem Dirk zum ersten Mal Bekanntschaft mit dem allgegenwärtigen, höllisch scharfen Peri-Peri machte, zum Abschluss ein Irish Coffee und nach drei Seiten Bettlektüre fielen uns auch schon wieder die Augen zu.

Vilankulos, Casa Rex