Immer mit der Ruhe hieß unser Motto am Morgen. Wir ließen uns Zeit mit dem Aufstehen, machten noch eine Thermoskanne mit heißem Wasser voll und starteten gegen halb sieben Richtung Lower Sabie. Der (erneute) Grund für die Geruhsamkeit: ein Grau in Grau gekleideter Himmel, der Traum eines jeden Depressiven. Unser Traum nicht ganz. Immerhin zeigten sich ein paar Büffel und Zebras, wenigstens etwas. Und dann kamen wir in den ersten Stau dieses Tages.
Wir hatten am Abend vorher schon gehört, dass es Leoparden-Sichtungen gegeben hatte. Mit Riss. Im Baum. Und ja, das tote Impala hing auch noch im Baum. Dummerweise war von dem Leoparden weit und breit keine Spur. Pech. Also weiter zum nächsten Stau. Ja, auf den Teerstraßen im Kruger hat man manchmal das Gefühl, als müsse man gar nicht selbst nach Tieren suchen, sondern einfach nur nach Staus Ausschau halten. Ist aber irgendwie unsportlich.
Diesmal war er wirklich da, der Leopard, gut versteckt im Gebüsch. Leider kamen wir etwas zu spät, der Leopard hatte genug von den ganzen Autos und er verzog sich tiefer ins Gesträuch. Keine Chance mehr, ihn dort zu sichten. Aber wir hatten ihn gesehen und damit immerhin das Minimal-Ziel erreicht: die Big 5 komplett. Langsam klarte es auch auf, wir machten noch einen Abstecher zum Mlondozi-Damm und wollten dann direkt nach Lower Sabie. Aber wir wurden aufgehalten …
Das Glück des Geduldigen
Direkt an der H10, gerade einmal ein paar Meter neben der Straße lag ein gerissenes Gnu. Einfach so. Das konnten wir nicht glauben, das widersprach allen Erfahrungen, die wir auf unseren Reisen gesammelt hatten. Also anhalten und Ausschau halten. Keine Löwen, keine Hyänen, keine Geier. Absolut seltsam. Und dann eine Bewegung. Ein paar hundert Meter weiter erschien eine Löwin, schaute sich kurz um und verschwand dann wieder hinter einem großen Busch.
Breites Grinsen. Damit war der Plan für den Nachmittag klar. Wir fuhren nach Lower Sabie, checkten für unser Safari-Zelt ein, bewaffneten uns im Shop mit Sandwiches und Chips (schließlich erwarteten wir großes Kino!) und fuhren zurück zu dem toten Gnu. Immer noch waren wir das einzige Auto. Nur ließ sich die Löwin nicht mehr hinter den Büschen blicken. Ein schlechtes Zeichen?
Da hielt ein Ranger neben uns: „Do you see the lions?“ Na ja, also nein, aber die sind hinter dem großen Busch da hinten. Lächeln. „Look at that small tree, there are two lions.“ Hoppla. Keine zehn Meter von uns entfernt lagen zwei Löwinnen im hohen Gras. Beinahe gänzlich unsichtbar. Wir waren gut gelaunt, die Show konnte beginnen. Wobei uns allerdings auch klar war, dass wir weit vor Vorstellungsbeginn gekommen waren, denn Löwen werden bekanntlich erst zum Abend hin wieder aktiv. Egal, wir hatten Zeit. Zahlreiche andere Autos kamen, fragten, was wir außer einem stinkenden Kadaver denn sehen würden, ah, Löwen, blieben ein paar Minuten stehen und fuhren weiter. Keine Geduld die Leute – könnte uns nie passieren …
Vorhang auf, Bühne frei!
Als das Spektakel gut anderthalb Stunden später endlich begann und sich dann auch ruckzuck ein Stau bildete, hatten wir den Logenplatz redlich verdient und gaben ihn auch nicht mehr her. In einiger Entfernung sammelten sich immer mehr Geier auf einem Baum. Die Löwen beobachteten das und beschlossen irgendwann offensichtlich, noch einmal zu fressen, bevor diese lästigen Vögel auftauchen und die Hyänen anlocken würden. Also holten die beiden den dritten Löwen durch Knurren und Brummen hinter dem Busch hervor, wo wir ihn mittags gesehen hatten. Und machten sich dann daran, das Gnu zu fressen.
Wir waren fasziniert, welchen Kampf diese kräftigen Katzen hatten, passable Fleischmengen abzubekommen. Ein beeindruckendes Schauspiel – auch wenn der Geruch und die Geräusche das Prädikat „eklig“ durchaus verdient gehabt hätten. Wir schauten eine gute Stunde lang gebannt zu, dann wurde es Zeit, nach Lower Sabie zurückzufahren. Wo wir feststellen mussten, dass wir uns das Zelt mit Fledermäusen teilen mussten. Allerdings zum Glück längst nicht so viele wie in Bilene …