Der Sonnenaufgang stand dem Sonnenuntergang vom Vorabend kaum nach und so beschlossen wir, statt direkt aufzubrechen erst einmal mit einer Tasse Kaffee auf der Terrasse zu sitzen und zuzuschauen. Unser Ziel hieß Urikaruus, statt aber von der Dünenstraße nach rechts abzubiegen, fuhren wir erst einmal nach Twee Rivieren. Wir hatten unseren Gin ganz geschickt in Mata Mata im Kühlschrank vergessen. Kein Gin, kein Sundowner. Kaum zu ertragen. Die in Twee Rivieren angebotene Literflasche schien uns für zwei Abende dann aber doch zu ambitioniert, also stockten wir als Ersatz zumindest die Biervorräte auf.
Es war wenig los, wir frühstückten in Auchterlonie – zum ersten Mal überhaupt – und fanden den Platz traumhaft schön. Leider kamen keine Löwen vorbei, die sahen wir erst ein Stück weiter faul unter einem Baum liegen. Ansonsten zeigte sich noch eine Mini-Schildkröte, kaum größer als meine Handfläche, ein Gabarhabicht, Löffelhunde und etwas, was auch schon lange auf unserer Wunschliste stand: eine Kapkobra, die ein Siedelwebernest räuberte. Dirk hatte sie aus dem Augenwinkel gesehen und angehalten, es reichte für genau ein Foto, dann war sie auch schon verschwunden. Ich bin immer wieder entsetzt darüber, wie schnell diese Schlangen sind.
Unser neues Lieblingscamp
Gegen ein Uhr waren wir in Urikaruus und beschlossen sehr schnell: Dies wird unser neues Lieblingscamp im Kgalagadi. Es liegt im Flussbett des Auob, das Wasserloch ist so nah wie bei keinem anderen Camp, das wir kennen, und die auf Pfählen gebauten Hütten sind einfach witzig. Auch das Sightings Book, das in unserer Hütte lag, machte Mut: Löwen, Leoparden, Wüstenluchse, … Wir waren gespannt, was wir sehen würden. Zunächst allerdings übten wir uns im Nichtstun – das Wetter war besser geworden, die Sonne schien und das Thermometer kletterte irgendwann über die 40 Grad-Marke. Die Klimaanlage im Auto lockte uns zwar, wir entschieden uns trotzdem für die Aussicht und gegen einen Nachmittagsdrive. Eine gute Entscheidung.
Als es endlich etwas kühler wurde, gönnten wir uns eine Dusche, Dirk bereitete den Grill vor – und dann ging ein gnadenloser Platzregen runter. Also schnell den Grill mit der Plastikplane abgedeckt, in der das Holz verpackt gewesen war. Dumm, dass dabei ein Holzrest herausfiel, den ich mir prompt in die Ferse rammte. Oh ja, Kameldornholz ist wirklich ganz schön hart. Mal ehrlich, ich kann das nicht empfehlen: Es tut ziemlich weh, sich so ein stecknadelskopf dickes Holzstück in die Ferse zu rammen. Und es schmerzt noch mehr, es dann wieder rauszuziehen. Also einfach sein lassen. Immerhin war das Feuerholz trocken geblieben und nach diesem Intermezzo konnten wir anfangen zu grillen. Wir saßen da, genossen unseren Delheim Pinotage, schauten gemütlich auf das Wasserloch – und dann fingen die Springböcke an zu pfeifen. Dieses Pfeifen hatten wir vor einigen Jahren schon einmal gehört, daraufhin war ein Leopard erschienen. Und genau das passierte wieder.
Noch ein Leopard am Wasserloch
Ein junger Leopard schlich auf das Wasserloch zu, schaute sich immer wieder nervös um, unser Fleisch auf dem Grill war vergessen, wow, welch ein Anblick. Der junge Leopard war ziemlich schreckhaft, reagierte sogar auf das Klicken der Kameras, obwohl wir doch eine ganze Ecke entfernt waren. Und irgendetwas erschreckte ihn dann so sehr, dass er verschwand. Aber immerhin, wir hatten ihn gesehen. Und auch das Fleisch war noch genießbar. Wir ließen uns das Abendessen schmecken und waren zufrieden. Aber es sollte noch besser kommen.
Der Leopard hatte seinen Durst nicht stillen können und kam deshalb in der Dunkelheit zurück. Selbstverständlich bemerkt von den anderen Gästen um uns herum, die ihn sofort mit ihren waffenscheinpflichtigen Strahlern erfassten. Er ließ sich von den Lichtkegeln gar nicht stören, trank in aller Ruhe und begann dann, sich an eine für uns nicht sichtbare Beute heranzuschleichen. So etwas hatten wir noch nie gesehen, atemlose Spannung. Am Faszinierendsten war für uns, dass sich ein Springbock bis auf wenige Meter dem Leoparden näherte, obwohl dieser mitten im Lichtstrahl lag. Glück für den Springbock, dass der Leopard noch zu jung war, um ihn zu fangen. Ob er das wusste?
Wir saßen danach sprachlos und glücklich auf der Terrasse, schauten in den Sternenhimmel und wurden auch noch mit einer Sternschnuppe belohnt, die so hell und strahlend war, als hätte man sie aus einer Leuchtpistole abgeschossen. Welch ein Abend. Wieder einmal wussten wir, warum wir den Kgalagadi so lieben.