Sonntag, 03.Februar 2019
Seit wir vor ein paar Jahren in Island waren, haben es uns Gletscher angetan. Und Gletscherseen. Keine Frage also, dass wir die Gelegenheit nutzen würden, eine Bootsfahrt auf dem Lake Tasman zu machen.
Dummerweise war aber gestern, als wir buchen wollten, unsere favorisierte Tour um elf Uhr schon voll. Bei der Wahl zwischen neun Uhr dreißig und zwölf Uhr dreißig war uns die spätere Alternative lieber. Was auch bedeutete, dass wir bis zum Tourstart jede Menge Zeit haben würden.
Also erst einmal gemütliches Frühstück mit diesem sagenhaften Blick über den Lake Pukaki. Erneut bei traumschönem Wetter. Glückskinder. Wir genießen danach die Fahrt entlang des Sees zum Mount Cook, bestaunen die Ausblicke und sind kurz nach zehn im Mt. Cook Village. Wir haben uns den „Governor’s Walk“ ausgesucht, der in der Beschreibung sehr nett klang. Anderthalb Stunden Wegzeit, prima, dann haben wir alle Zeit der Welt, bis zum Check In für die Tour, der auf zwölf Uhr festgesetzt ist.
Der Walk ist auch wirklich nett – wenngleich nicht so schön und spektakulär, wie er in der Beschreibung klang. Aber er führt uns steil den Berg hinauf und gibt oben noch einmal tolle Ausblicke auf den Mt. Cook frei. Das wirklich Doofe ist: Wir sind zu schnell! Oder die Zeitangabe zu unpräzise. Jedenfalls sind wir nach nicht einmal einer Stunde zurück am Parkplatz.
Wir überbrücken die Zeit, indem wir uns das Visitor Center anschauen. Und sind wieder einmal positiv überrascht, wie anschaulich die Geschichte des Mt. Cook und der Gletscher insgesamt hier dargestellt wird. Spannend, informativ, unterhaltsam. Würde ich mir zu Hause in solchen Besucherzentren auch öfter mal wünschen.
Irgendwann wird es dann doch Zeit für die Tour; der Shuttlebus zum Lake Tasman ist pünktlich und zusammen mit zwei Australiern, drei Engländern und etwa dreißig Chinesen geht es los. Wir müssen vom Parkplatz noch etwa anderthalb Kilometer bis zum See laufen – und es ist faszinierend, wie langsam man dieses Stück laufen kann.
Zusammen mit den beiden Australiern sind wir immer wieder fast enteilt, so dass unser Guide uns zurückpfeifen muss. Grinsend. Nach gefühlt einer halben Ewigkeit schaffen wir es dann doch noch bis zum Lake Tasman. Ich bin doppelt unruhig, weil Schleierbewölkung aufzieht. Wenn wir jetzt wegen dieser Schnarchnasen schlechtes Licht bekommen …
Bekommen wir aber nicht. Das Wetter hat Mitleid mit mir. Wir werden in 13er-Grüppchen auf kleine Boote aufgeteilt und dann geht es los. Der Lake Tasman ist einer der wenigen Gletscherseen, in die der Gletscher direkt mündet. Deshalb hat er auch milchig-weißes Wasser vom ganzen Sedimentgestein, das der Gletscher hineintreibt.
Pancho, unser Guide, erklärt uns diesen und massenweise weitere spannende Fakten. Er erklärt uns auch diese unglaubliche Farbe der Seen in der Umgebung. Vor allem Lake Pukaki und Lake Tekapo strahlen so türkisgrün, weil sich das Gletscherwasser mit Frischwasser mischt. Dabei setzt sich das „rock flour“ (heißt das „Gesteinsmehl“ auf deutsch?) am Boden ab, nur das blaue Licht wird reflektiert – et voilà, leuchtende Seen.
In all die Begeisterung über das, was wir sehen, mischt sich allerdings auch Nachdenklichkeit. Diese Tour wäre vor zwanzig, dreißig Jahren nicht möglich gewesen. Da gab es den Lake Tasman nämlich noch gar nicht. Er entsteht durch das rapide Abschmelzen des Tasman Glaciers. Noch hat der Tasman-Gletscher eine Länge von 23 Kilometern. Schmilzt er weiter so schnell ab wie bisher – dann gibt es in vierzig Jahren keinen Tasman-Gletscher mehr.
Darüber lohnt es sich, in Ruhe noch einmal nachzudenken. Das sind „anfassbare“ Folgen der Klimaerwärmung. Keine abstrakten Drohszenarien. Hmm. Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, welche Schlüsse ich daraus ziehe. Aber es beschäftigt mich. Und das ist ja eigentlich schon mal ganz gut …
Wir sind von der Tour begeistert, das hat Spaß gemacht. Langsam, seeeeehr langsam, bewegt sich unsere Karawane zum Bus zurück, der uns im Mt. Cook Village absetzt. So. Wir haben uns für heute Abend über Campable einen Stellplatz am Lake Tekapo gebucht. Und den suchen wir jetzt. Und suchen. Und suchen.
Leider ist die Beschreibung dürftig (und wir stellen uns, wie sich später zeigt, auch ziemlich doof an). Nach einer halben Stunde Schotterstraße rauf und Schotterstraße runter rufen wir die angegebene Telefonnummer an. Guy erklärt uns haarklein, wie wir fahren müssen – und dann schaffen auch wir es, den Stellplatz zu finden.
Tolle Lage oberhalb des Lake Tekapo, außer uns sind nur zwei weitere Camper da. Och ja, hier lässt es sich aushalten. Wir richten uns gemütlich ein, lassen uns Rosmarin-Walnuss-Kräcker mit Lachscreme schmecken und sehen fasziniert zu, wie der Himmel zum Sonnenunergang anfängt, förmlich zu brennen. Was für ein furioses Farbspektakel zum Tagesausklang!