Tag 9, 06.09.2013: Unendliche Weite, nur für uns

Na das erklärte einiges. Ich hatte mich schon gefragt, warum es eigentlich nicht hell wurde. Ein Blick nach draußen zeigt: Wolken. Schlimmer noch, eine geschlossene Wolkendecke. Ja, ich weiß auch, dass sich die Wolken hier bald auflösen. Aber ausgerechnet heute muss das doch nicht sein, wir wollen in die Palmwag Concession, also Landschaft, Landschaft, Landschaft. Da fehlt das Licht gleich doppelt. Also erst einmal frühstücken und dann weitersehen. Tatsächlich zeigen sich gegen halb acht erste Lücken, die den Blick auf blauen Himmel freigeben.

Alles wird gut. Dirk hat noch eine lustige Konversation mit der Dame an der Rezeption, die uns das Permit für die Palmwag Concession ausstellt, dann tuckern wir los. „We want to camp there tonight.“ „But there is nothing on the campsites.“ „Yes, we know, that is why we want to go there.“ „But I mean really nothing.“ „Perfect. Can I please get the permit?“ Die fehlende Sonne nervt mich, denn die Landschaft ist traumhaft schön, aber ohne Licht einfach nicht zu fotografieren. Laune durchwachsen. Ausgerechnet unser Navi bringt mich dann zum Lachen: „Möchten Sie in den zu Fuß-Modus wechseln?“ Die moderne Technik kann einfach nicht glauben, dass man auch mit 4 km/h noch in einem fahrenden Auto sitzt.

Der Crowther-Trail ist anspruchsvoll, aber nie übertrieben schwierig, bietet grandiose Landschaften und mehr Tiersichtungen als erwartet – mehrfach sehen wir Herden von gut zwanzig Oryx. Und wir haben Spaß mit unserem Landy, der sich jede Steigung hochwuchtet und jede noch so steinige Abfahrt meistert, auch dank seiner Bodenfreiheit. Mit diesem Trail hat der Urlaub endlich richtig angefangen, wir können uns an den Ausblicken in die scheinbar unendliche namibische Weite nicht sattsehen und sind wieder einmal einfach nur glücklich mit uns und dem Rest der Welt (der zum Glück irgendwo anders ist, nur nicht hier).

Reisebericht Namibia Botswana Palmwag

Dirk hat uns als Ziel für heute die Blackridge Campsite C6 ausgesucht. Klingt gut und auf der Karte, die wir in der Palmwag Lodge bekommen haben, sind auch alle Campsites eingezeichnet. Nach gut fünfeinhalb Stunden und 110 Kilometern sind wir da. Also wir schon, nur die Campsite nicht. Blöd ist nämlich, dass die Karte eher grobe Orientierung statt präziser Ortsangaben liefert und dass die Campsites schlichtweg nicht beschildert sind. Mit vereinten Kräften von Navi und GPS finden wir die Blackridge Campsite – und sind begeistert. Ein Platz auf einer kleinen Anhöhe mit phänomenalem 360°-Blick in die Weite. Und das alles ganz für uns allein, denn im Schnitt fährt ein Auto pro Tag in die Palmwag Concession, zumindest wenn man der Liste am Eingang glaubt.

Wir grillen, genießen einen sensationellen Ausblick zum Sundowner und versuchen dann, bei halbwegs erträglichen Temperaturen Sternenfotos zu machen. Das endet im Desaster, foto- wie launetechnisch. Nun gut, auch bei Schaubes gibt es ab und an mal Krach.

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Tag 8, 05.09.2013: Jetzt fängt der Urlaub an

Neuer Versuch. So langsam bildet sich ein Muster: Es gibt auf dieser Tour einfach Strecken, die wir dreimal fahren müssen, bis wir sie bewältigt haben. Erst Windhoek – Tsaobis – Windhoek – Tsaobis, jetzt fahren wir zum dritten Mal die Küstenstraße nördlich von Swakopmund entlang. Nach dem Frühstück und einem netten Schwatz mit Carmen haben wir bei Spar unsere Vorräte aufgestockt, getankt und uns auf den Weg zur Palmwag Lodge gemacht.

Erstaunlicherweise hält sich der Nebel an der Küste in Grenzen und wir wagen einen Abstecher zum Wrack der Zeila, einem angolanischen Fischtrawler, den die Wellen inzwischen fast bis zum Strand gespült haben. Wir wimmeln noch die Jungs ab, die uns Steine verkaufen wollen und fahren dann weiter. Nächster Halt: Cape Cross. Mittlerweile dominiert leider wieder eine Wolkendecke, das Licht ist schlecht – aber der Gestank so übel wie immer. Irgendwann in den letzten drei Jahren hat man in Cape Cross Stege gebaut, ein direktes Herankommen an die Robben ist nicht mehr möglich. Bestimmt gut für die Tiere, aber ganz schlecht für gute Fotos.

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Weiter geht es Richtung Skeleton Coast, wir fahren durch das bedrohlich wirkende Gate und genießen dann 150 Kilometer pures Nichts. So recht nach Anhalten ist uns nicht, wir kommen gut voran und stehen gegen halb vier am Palmwag Disease Checkpoint. Frisches Fleisch? Nein, haben wir nicht. Na dann ist ja gut, meint der Kontrolleur, denn das dürften wir von Nord nach Süd auch gar nicht mitnehmen. Aha. Wie gut, dass wir von Süd nach Nord unterwegs sind. Wir tanken noch und sind ganz überrascht, dass es wirklich Diesel gibt. Einchecken in der Palmwag Lodge, unser Safari Zelt sieht gut aus und dank meterhohem Riedgras sehen wir auch den Elefanten nicht, der dahinter im Flussbett entlangtappert …

Wir schauen uns von der Restaurant-Terrasse aus den kitschigen Sonnenuntergang an, inklusive Sundowner, versteht sich. Der Elefant lässt sich nicht blicken, was uns ganz recht ist, die anderen Touris aber zutiefst bekümmert. Sie werden beim (übrigens durchaus leckeren) Abendessen entschädigt, da wackelt der Eli dann nämlich in aller Seelenruhe am Fenster vorbei … Wir finden das gar nicht so prima, denn wir müssen ja noch im Dunkeln und zu Fuß zurück zu unserem Safari Tent. Und irgendwie sind uns Elefanten seit dem letzten Jahr nicht mehr ganz geheuer. Warum bloß? Aber wir schaffen es heil ins Zelt und freuen uns über endlich einmal angenehme Nachttemperaturen.

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Tag 7, 04.09.2013: Ohne Kühlschrank ist blöd

11,8 Grad. Nein, nicht die Außentemperatur, die war niedriger. Sondern die Temperatur unseres Kühlschranks. Damit ist klar, dass wir das Desolation Valley zugunsten von Swakop würden streichen müssen, denn ohne funktionierenden Kühlschrank ist die ganze Tour nicht zu machen. Begeisterung sieht anders aus. Aber auch diese Planänderung nehmen wir überraschend gelassen hin. Wat mut dat mut. Langsam macht mir das Angst – ist das etwa die Ruhe und Gelassenheit des Alters? Ich muss dringend etwas finden, worüber ich mich aufregen kann. Ich will noch nicht alt sein!

Wir lassen uns das Frühstück mit Blick in die einsame Weite des Messum-Kraters nicht nehmen, der Wind ist gnädig, in der Sonne ist es fast schon zu warm (jedenfalls mit Fleecejacke und sogar langer Hose). Einfach eine traumhaft schöne Kulisse. Gegen halb elf kommen wir los, überleben zusammen mit unserem Landy die gut 30 Kilometer Rüttelpiste und tauchen ein in den Nebel, der wie so oft die Küste einhüllt.

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In Swakop fragen wir zunächst bei Bushwackers, dann bei Cymot, ob uns jemand mit dem Kühlschrank helfen kann. In beiden Fällen bekommen wir dieselbe Antwort: Fahrt mal zu Alpatek, die helfen euch. Die machen aber auch erst um 14 Uhr wieder auf … Wir nutzen die verbleibende halbe Stunde, um uns schon mal um eine Unterkunft für heute Nacht zu kümmern. Unsere Hoffnung ist, dass das Intermezzo Guesthouse ein Zimmer frei hat. Da waren wir schon mehrfach und fühlen uns einfach wohl. Wir haben Glück (irgendwie ungewohnt, fast schon beunruhigend auf dieser Tour), Harald hat noch ein Zimmer für uns. Schnell Taschen ausräumen, dann macht sich Dirk auf den Weg zu Alpatek, während ich mich mal um das Reisetagebuch kümmere.

Der Kühlschrank funktioniert tadellos. Aber an der Batterie, an der der Kühlschrank hängt, ist eine Sicherung durchgebrannt (die Batterie ist übrigens unter meinem Sitz – bei uns nennt man das Sitzheizung). Das mit dem Kühlschrank haben sie bei Alpatek geprüft und Dirk dann zu Jürgens Electric geschickt. Sicherung ausgetauscht, gleich noch ein paar Ersatzsicherungen mitgenommen, jetzt brummt der Kühlschrank wieder. Der Spaß kostet uns dreißig Euro, besser als achthundert für einen neuen Kühlschrank.

Wir besorgen bei Cymot noch eine Kaffeekanne (unsere haben wir zu Hause vergessen) und gönnen uns dann wie immer, wenn wir in Swakop sind, lecker Kuchen in der Muschel. Abends gibt es Fisch in Erichs Restaurant und wir sind uns einig: So ein ungeplanter Abstecher nach Swakop ist irgendwie auch sehr schön.

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Tag 6, 03.09.2013: Messum oder nicht Messum …

Sollen wir oder sollen wir nicht wie geplant zum Messum fahren? Die Alternative ist ein weiterer Tag im Tsaobis und dann directement ins Desolation Valley. Der verlorene Tag vom Hinflug fehlt uns immer noch, wir wollten den Montag auf Tsaobis eigentlich dazu nutzen, einiges am Landy zu erledigen (wie zum Beispiel unsere tolle Taschenlampenhalterung anzubringen oder das Auto mit Aufklebern zuzupflastern). Wir sind hin- und hergerissen, entscheiden uns aber doch für den Messum. Es würde uns einfach wehtun, dieses tolle Fleckchen Erde auslassen zu müssen.

Wir stehen recht früh und bei schon wieder zumindest gefühlt eisigen Temperaturen auf, räumen zusammen, Dirk setzt Kaffeewasser auf – nein, falsch: Dirk versucht, Kaffeewasser aufzusetzen. Aber der Aufsatz für den Gaszylinder taugt offenbar nichts, es kommt so wenig Gas, dass es sich nicht entzünden lässt. Prima, dann eben nur eine Tasse Milch zum Frühstück und wir halten auf dem Weg zum Messum noch kurz in Swakopmund, um bei Cymot einen vernünftigen Aufsatz zu besorgen. Langsam sind wir ja geübt in Sachen Flexibilität.

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Der Zwischenstopp in Swakop ist immerhin erfolgreich und am frühen Nachmittag biegen wir ein auf die Strecke zum Messum. Die sind wir vor zwei Jahren schon einmal gefahren und haben sie schaurig-schön in Erinnerung. Genau das ist diese Strecke immer noch: übelstes Gerüttel vom Wellblech, dafür aber tolle Landschaft und wahnwitzig viele Welwitschias. Wir sind froh, dass wir uns für den Messum Krater entschieden haben. Spannend ist die Auswirkung der schlechten Regenzeit: Beim letzten Mal war rund um den Messum alles mit hohem, goldgelbem Gras bewachsen. Jetzt ist dort einfach – nichts!

Das sieht zwar nicht ganz so schön aus, wie damals das gelbe Gras, sorgt aber dafür, dass wir guten Gewissens ein Feuer machen können. Hier ist weit und breit nichts, was wir abfackeln könnten. Als Willkommensdrink wollen wir uns ein Bier genehmigen, aber statt des metallischen Klicks einer geöffneten Dose höre ich nur ein unheilverkündendes: „Au weia, das sieht nicht gut aus.“ Nein, sieht es nicht, der Kühlschrank hat fast dreizehn Grad. Das sind grob geschätzt zehn zu viel.

Reisebericht Namibia Botswana Messum

Ohne Kühlschrank wurde würden wir die nächsten Tage allerdings nicht auskommen, denn abgesehen davon, dass wir dann auf kühles Bier verzichten müssten, würde uns auch das Fleisch verderben. Und vegetarisch wollten wir nun auch nicht unterwegs sein. Also krabbelt Dirk ins Auto, schraubt den Kühlschrank auf, macht ein schlaues Gesicht – das nutzt aber alles nichts, der Kühlschrank brummt zwar leise vor sich hin, schafft es aber nicht, die Temperatur zu halten. Gar nicht gut. Aber für den Moment auch nicht zu ändern.

Wir setzen uns in den Windschatten des Autos – es wird schon wieder empfindlich kühl – und genießen allem Ärger zum Trotz den Sonnenuntergang. Im Gegensatz zum letzten Mal grillen wir, nachdem Dirk gefühlt einen halben Steinbruch als Windschutz angehäuft hat. Heute nehmen wir auch die kuschelige Fleece-Decke mit ins Zelt …

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Tag 5, 02.09.2013: Einmal Windhoek und zurück

Ein schrilles Piepen weckt uns um sechs Uhr. Es ist kalt im Zelt. Draußen ist es noch kälter. Aber wir haben keine Wahl, wir müssen aufstehen, denn vor uns liegt ein spannender, aber auch langer Tag. Dirk kämpft noch mit dem neuen Zelt, das beim Zuklappen nicht ganz so mag wie er, mit eiskalten Fingern macht das auch einfach keinen Spaß. Wir kommen (fast) wie geplant gegen viertel nach sieben los und rollen um zwanzig nach elf bei Asco auf den Hof. Dank der eigensinnigen Alarmanlage unseres Landys weiß auch Robbie sofort Bescheid, dass wir da sind.

Wir besprechen kurz mit ihm, was heute zu tun ist, er kümmert sich noch um die festgefressenen Stangen unseres Sonnensegels und dann steht Sam auch schon bereit, um mit uns zu Natis, der namibischen Straßenbehörde, zu fahren. Dort geht alles erstaunlich schnell, nach nicht einmal einer halben Stunde hat Dirk das offizielle Dokument in der Hand, mit dem er ein Auto auf seinen Namen registrieren darf. Aber Afrika wäre nicht Afrika, wenn es damit getan wäre. Die Kurzform: zurück zu Asco, Dokument kopieren, Sam fährt damit erneut zu Natis, wir nutzen die Zeit zum Einkaufen. Gegen ein Uhr sind wir wieder bei Asco, Sam hat alle Papiere zusammen und wir sind endlich auch ganz offiziell stolze Besitzer eines Land Rover Defender 110. Wow, das fühlt sich gut an!

Das Knurren im Magen fühlt sich dagegen eher übel an, kein Wunder, bis auf ein paar Butterkekse haben wir noch nichts gegessen. Also noch ein kurzer Mittagsstop in den Bougain Villas und dann wieder dreieinhalb Stunden zurück zum Tsaobis Nature Park. Was tut man nicht alles für ein eigenes Auto in Afrika … Der Tag war anstrengend, das kühle Bier an der Bar hilft auch nur kurz. Wir essen die bei Spar besorgten Sandwiches, halten Spotty, unseren „Leih-Hund“, davon ab, Dirks Sandalen zu fressen und fallen nach einer nicht ganz eiskalten Dusche todmüde ins Bett.