Mittwoch, 26. Januar 2011: Abendessen mit Hindernissen

Der Sonnenaufgang stand dem Sonnenuntergang vom Vorabend kaum nach und so beschlossen wir, statt direkt aufzubrechen erst einmal mit einer Tasse Kaffee auf der Terrasse zu sitzen und zuzuschauen. Unser Ziel hieß Urikaruus, statt aber von der Dünenstraße nach rechts abzubiegen, fuhren wir erst einmal nach Twee Rivieren. Wir hatten unseren Gin ganz geschickt in Mata Mata im Kühlschrank vergessen. Kein Gin, kein Sundowner. Kaum zu ertragen. Die in Twee Rivieren angebotene Literflasche schien uns für zwei Abende dann aber doch zu ambitioniert, also stockten wir als Ersatz zumindest die Biervorräte auf.

Es war wenig los, wir frühstückten in Auchterlonie – zum ersten Mal überhaupt – und fanden den Platz traumhaft schön. Leider kamen keine Löwen vorbei, die sahen wir erst ein Stück weiter faul unter einem Baum liegen. Ansonsten zeigte sich noch eine Mini-Schildkröte, kaum größer als meine Handfläche, ein Gabarhabicht, Löffelhunde und etwas, was auch schon lange auf unserer Wunschliste stand: eine Kapkobra, die ein Siedelwebernest räuberte. Dirk hatte sie aus dem Augenwinkel gesehen und angehalten, es reichte für genau ein Foto, dann war sie auch schon verschwunden. Ich bin immer wieder entsetzt darüber, wie schnell diese Schlangen sind.

Sonnenaufgang in Kieliekrankie

Unser neues Lieblingscamp

Gegen ein Uhr waren wir in Urikaruus und beschlossen sehr schnell: Dies wird unser neues Lieblingscamp im Kgalagadi. Es liegt im Flussbett des Auob, das Wasserloch ist so nah wie bei keinem anderen Camp, das wir kennen, und die auf Pfählen gebauten Hütten sind einfach witzig. Auch das Sightings Book, das in unserer Hütte lag, machte Mut: Löwen, Leoparden, Wüstenluchse, … Wir waren gespannt, was wir sehen würden. Zunächst allerdings übten wir uns im Nichtstun – das Wetter war besser geworden, die Sonne schien und das Thermometer kletterte irgendwann über die 40 Grad-Marke. Die Klimaanlage im Auto lockte uns zwar, wir entschieden uns trotzdem für die Aussicht und gegen einen Nachmittagsdrive. Eine gute Entscheidung.

Als es endlich etwas kühler wurde, gönnten wir uns eine Dusche, Dirk bereitete den Grill vor – und dann ging ein gnadenloser Platzregen runter. Also schnell den Grill mit der Plastikplane abgedeckt, in der das Holz verpackt gewesen war. Dumm, dass dabei ein Holzrest herausfiel, den ich mir prompt in die Ferse rammte. Oh ja, Kameldornholz ist wirklich ganz schön hart. Mal ehrlich, ich kann das nicht empfehlen: Es tut ziemlich weh, sich so ein stecknadelskopf dickes Holzstück in die Ferse zu rammen. Und es schmerzt noch mehr, es dann wieder rauszuziehen. Also einfach sein lassen. Immerhin war das Feuerholz trocken geblieben und nach diesem Intermezzo konnten wir anfangen zu grillen. Wir saßen da, genossen unseren Delheim Pinotage, schauten gemütlich auf das Wasserloch – und dann fingen die Springböcke an zu pfeifen. Dieses Pfeifen hatten wir vor einigen Jahren schon einmal gehört, daraufhin war ein Leopard erschienen. Und genau das passierte wieder.

Abendessen mit Blick aufs Wasserloch von Urikaruus

Noch ein Leopard am Wasserloch

Ein junger Leopard schlich auf das Wasserloch zu, schaute sich immer wieder nervös um, unser Fleisch auf dem Grill war vergessen, wow, welch ein Anblick. Der junge Leopard war ziemlich schreckhaft, reagierte sogar auf das Klicken der Kameras, obwohl wir doch eine ganze Ecke entfernt waren. Und irgendetwas erschreckte ihn dann so sehr, dass er verschwand. Aber immerhin, wir hatten ihn gesehen. Und auch das Fleisch war noch genießbar. Wir ließen uns das Abendessen schmecken und waren zufrieden. Aber es sollte noch besser kommen.

Der Leopard hatte seinen Durst nicht stillen können und kam deshalb in der Dunkelheit zurück. Selbstverständlich bemerkt von den anderen Gästen um uns herum, die ihn sofort mit ihren waffenscheinpflichtigen Strahlern erfassten. Er ließ sich von den Lichtkegeln gar nicht stören, trank in aller Ruhe und begann dann, sich an eine für uns nicht sichtbare Beute heranzuschleichen. So etwas hatten wir noch nie gesehen, atemlose Spannung. Am Faszinierendsten war für uns, dass sich ein Springbock bis auf wenige Meter dem Leoparden näherte, obwohl dieser mitten im Lichtstrahl lag. Glück für den Springbock, dass der Leopard noch zu jung war, um ihn zu fangen. Ob er das wusste?

Wir saßen danach sprachlos und glücklich auf der Terrasse, schauten in den Sternenhimmel und wurden auch noch mit einer Sternschnuppe belohnt, die so hell und strahlend war, als hätte man sie aus einer Leuchtpistole abgeschossen. Welch ein Abend. Wieder einmal wussten wir, warum wir den Kgalagadi so lieben.

Leopard in Urikaruus

Dienstag, 25. Januar 2011: Fotorausch zum Sonnenuntergang

Aufstehen zum Sonnenaufgang, Thermoskanne füllen und losfahren: Ja, wir waren wieder im afrikanischen Rhythmus und wir fühlten uns dabei wie immer pudelwohl. Am Tag zuvor hatten wir auf dem Sightings Board in Twee Rivieren gesehen, dass es in Kij Kij Löwen gab. Also hatten wir uns für den Morning Drive vorgenommen, über die Dünenstraße nach Kij Kij zu fahren und dort – hoffentlich – Löwen zu sehen. Aber es schien, als hätten wir unsere Sichtungen schon aufgebraucht, denn außer einem Pärchen Löffelhunde zeigte sich kein einziges Tier und auch in Kij Kij standen nur ein paar Gnus und Springböcke am Wasserloch.

Wir beschlossen, dem Nossob noch ein Stückchen nach Norden zu folgen. Die irritierend grüne Landschaft war wie ausgestorben, die Tiere schienen sich alle im Auob aufzuhalten. Doch der KTP wäre nicht der KTP, wenn er in einem solchen Moment nicht mit einer Überraschung um die Ecke käme: eine Gepardenmutter mit vier Jungen. Eine solche Sichtung stand ganz oben auf unserem Wunschzettel! Fotografisch nicht ganz optimal, weil zu weit weg und gegen die Sonne, waren wir trotzdem zufrieden, denn die jungen Geparden mit ihrem Wuschelkopf sind einfach zu witzig anzuschauen.

Löffelhund, Geparden und ein Gaukler

Vorgeschmack auf einen traumhaften Sonnenuntergang

Nach einer Weile verschwanden sie in den Dünen und wir fuhren weiter. Ein paar gute Vogelsichtungen – darunter ein Gaukler – hatten wir noch, das war es dann für diesen Tag. Zurück in Kieliekrankie machten wir uns einen gemütlichen Nachmittag. Also vielmehr ich machte es mir gemütlich und schaute Dirk zu, wie er verzweifelt versuchte, eine Maus davon zu überzeugen, dass es draußen viel schöner ist als in unserer Hütte. Ich zumindest hatte dabei extrem viel Spaß, was man leider nicht von allen Beteiligten sagen konnte …

Später fuhren wir noch einmal raus bis Kamqua. Dort lagen dann auch „unsere“ Geparden friedlich unter einem Baum, machten allerdings keinerlei Anstalten, sich zu bewegen. Wir staunten noch über die riesigen Springbockherden, die sich an den Wasserlöchern tummelten, viel mehr hatte der Nachmittagsdrive nicht mehr zu bieten. Dafür bot der Sonnenuntergang am Abend ein sensationelles Schauspiel, die leichte Bewölkung verstärkte den gigantischen Effekt noch und wir konnten uns kaum satt sehen.

Lecker grillen, ein Gute Nacht-Bier, dann verzogen wir uns nach drinnen, weil der Südafrikaner rechts von uns offenbar Angst im Dunkeln hatte und der Meinung war, er müsse die knallhelle Lampe anlassen. Typisch Südafrikaner, ohne grelle Beleuchtung geht bei denen gar nichts … Drinnen begegneten wir dann der ersten Fledermaus in diesem Urlaub, es sollte nicht die letzte bleiben. Letztlich sind sie ja harmlos, gelten aber als Tollwutüberträger und sind mir deshalb schlichtweg nicht geheuer.

Adler, Springböcke und Sonnenuntergang in Kieliekrankie

Montag, 24. Januar 2011: Inflation der Löwen

Wir hatten gut geschlafen und waren um halb sechs aus den Betten raus. Heißes Wasser für die Thermoskanne, auschecken in Mata Mata und um zwei nach sechs waren wir „first out of the gate“. Wieder begleiteten uns dunkle Wolken, es war dunkel und entsprechend war das Fotografieren schwierig. Ärgerlich, denn in Craig Lockhart lagen drei Löwinnen direkt neben dem Wasserloch. Es war nicht zu ändern, wir fuhren weiter. Und wir fanden bis Montrose an fast jedem Wasserloch Löwen, darunter auch das Rudel, das wir schon im April gesehen hatten. Einige der Rudel hatten offenbar in der Nacht Beute gerissen, denn sie hatten blutverschmierte Mäuler und dicke Bäuche, wie wir sie selten gesehen haben. Der helle Wahnsinn, es schien, als gäbe es im KTP hinter jedem Busch einen Löwen.

Löwensichtungen im KTP

Die Frage nach dem Highlight des Tages war trotzdem nicht ganz einfach zu beantworten: Klar standen die beiden Löwenmännchen in Montrose auf der Liste, die da zusammen mit drei jungen, putzig-tapsigen Löwenbabys lagen. Aber am 13. Bohrloch hatten wir zwei African Wildcats gesehen – eine Premiere für uns und in diesem Fall auch noch eine Sichtung, die wir selbst gemacht hatten. Darauf waren wir schon stolz … Die Hyänen, der Schlangenadler, die Löffelhunde, ja selbst die beiden Geparden waren an diesem Vormittag jedenfalls nur noch Zugabe. Für die 120 Kilometer bis nach Twee Rivieren hatten wir sage und schreibe acht Stunden gebraucht.

Afrikanische Wildkatze und Babylöwen

Gute Aussichten aufs Wasserloch

Eigentlich hätten wir auch vorher schon abbiegen können, aber Twee Rivieren ist das einzige Camp, in dem man Handyempfang hat und in dem es für Notfälle auch ein öffentliches Telefon gibt. Und ich wollte doch unbedingt wissen, ob zu Hause alles in Ordnung war … Ja, war es, durchatmen, aufatmen. Wir konnten ganz beruhigt nach Kieliekrankie fahren, wo wir es uns mit einem kühlen Bier und dem bereits bekannten sensationellen Ausblick auf die Dünen bequem machten. Wir saßen schwätzend auf dem kleinen Balkon, genossen einfach das Hier und Jetzt – und hätten dabei fast den Leoparden übersehen, der sich klammheimlich ans Wasserloch geschlichen hatte.

Was für ein Tag! Der würdige Abschluss waren Dirks Nudeln mit Rinderfilet und einer Pilzsoße, dazu ein Allesverloren Tinta Barocca und zum Nachtisch einen Amarula. Mehr muss man dazu nicht sagen.

Leopard am Wasserloch von Kieliekrankie

Sonntag, 23. Januar 2011: Wirklich unwirklich – ein Gewitter zieht auf.

Um halb sechs war die Nacht zu Ende, denn wir wollten pünktlich zur Gate-Öffnung um sechs Uhr aus dem Camp fahren. Wir waren auch pünktlich. Der arme Kerl, der das Gate öffnen sollte, hatte allerdings verpennt. Die wenigen Touristen, die außer uns noch warteten, nahmen es ähnlich gelassen wie wir. Das würde zur Hochsaison auch nicht passieren, da hätte es ein gewaltiges Donnerwetter gesetzt. Und um zehn Minuten nach sechs waren wir dann auch auf der Piste.

Wir suchten natürlich gleich nach den Löwen. Am Wasserloch waren sie nicht mehr, aber auf einer Düne sahen wir sie dann, träge und faul, wie Löwen die meiste Zeit eben so sind. Da würde sich so schnell nichts tun. Wir fuhren weiter. „Was wackelt da eigentlich mit den Ohren?“ Dirks unnachahmliche Art, auf Tiere hinzuweisen. Auf Geparden diesmal, gleich zwei, die mitten im Flussbett lagen. Wow, Geparden hatten wir bisher nur ganz selten und in weiter Ferne gesehen. Wir beschlossen in diesem Moment für uns, dass der Januar eine tolle Zeit für Tiersichtungen ist. Wenn wir gewusst hätten, was da noch kommt …

Geparden im Flussbett des Auob

Nach Regen kommt Sonne – und damit das Licht

Lediglich das Licht wollte nicht ganz so mitspielen, es war trübe und bewölkt. Und zum Frühstück in Kamqua fing es dann auch noch an zu regnen. Also Nutellabrot im Auto. Dann machten wir uns auf den Rückweg, sahen die Geparden sogar noch einmal bei Sonnenschein und machten in Mata Mata erst einmal Mittagspause. Um den Motten abends zu entgehen, grillten wir diesmal schon mittags, genehmigten uns ein Windhoek Draught und fuhren am späten Nachmittag noch einmal raus.

Der Nachmittagsdrive war allerdings recht ereignislos, die Löwen sahen wir in weiter Ferne – schlafend. Auf dem Rückweg ins Camp erlebten wir aber eine sagenhafte Gewitterstimmung und hätten beinahe die Gate-Schließung verpasst, weil wir uns an dieser wirklich unwirklichen Szenerie einfach nicht sattsehen konnten. Man traut sich ja als fotografiebegeisterter Mitteleuropäer kaum, das zu sagen: Der Regen und die Gewitter machten uns richtig Spaß …

Impressionen aus dem Kgalagadi Transfrontier Park

Samstag, 22. Januar 2011: Wolken-Zickzack und zuckende Blitze

Wir waren wild entschlossen, an unserem ersten echten Urlaubstag in aller Ruhe auszuschlafen. Aber diesen Vorsatz sollten wir zukünftig wohl einfach beiseite lassen, wir können es nicht. Um acht (Ortszeit zu Hause um sieben) saßen wir also beim Frühstück und waren gespannt, wie die nächsten Tage so werden würden. Wir schauten noch schnell bei Cymot vorbei um eine Thermoskanne zu besorgen, denn an Ausstattung hatten wir diesmal nur einen Kühlschrank gemietet, wir hatten im KTP ja schließlich feste Unterkünfte. Und allmählich fiel uns auf, was das bedeutete: keine Thermoskanne, kein Besteck, nichts, um unterwegs zu picknicken, …

Aber das würden wir schon hinbekommen. Mehr Sorgen machte uns (vor allem mir), dass ich in all dem Chaos vor dem Abflug vergessen hatte, Dirks internationalen Führerschein einzustecken. Dirk war entspannter und meinte nur, die Polizisten wüssten sowieso nie, was sie da in der Hand hätten. Wichtig sei nur, dass ein Foto drauf sei und irgendwo „Deutschland“ stünde. Ich war nicht ganz überzeugt und wurde nervös, als wir uns auf der B1 der Polizeikontrolle hinter Windhoek näherten … Aber das Wetter war auf unserer Seite, es regnete und die Polizisten blieben lieber in ihrem Kabuff. Der Hinweg war also schon mal gut gegangen, blieb noch der Rückweg in sechs Tagen.

Gewitterwolken über der Kalahari

Dunkle Wolken ziehen auf

Wir kamen gut durch, endlich einmal hatten wir nicht das Gefühl, dass das Auto bei 95 km/h anfing auseinanderzufallen. Oh ja, der große Motor machte uns schon Spaß. Und die echte Klimaautomatik erst. Auf dem Weg in den Süden erlebten wir zunächst einmal Nebel – ja, tatsächlich Nebel. Das war einfach ein unglaublicher Anblick. Trotzdem waren wir froh, als sich nach und nach blaue Flecken am Himmel zeigten und sogar die Sonne ab und zu mal durchschien. Es sah so aus, als würde sich das Wetter bessern. Und so sah es auch noch eine ganze Weile aus. Bis wir uns Mata Mata näherten. Die Wolken wurden dicker, die Wolken wurden dunkler. Und in der Ferne sahen wir die ersten Blitze zucken. Na prima, hoffentlich kommen wir überhaupt durch. Wir befürchteten, dass die Schotterpad überspült sein würde.

Regentropfen auf der Windschutzscheibe. Aber wir bewegten uns offenbar immer am Wolkenrand. Machte die Straße einen Knick nach rechts, hörten die Tropfen auf. Kaum knickte sie wieder nach links, fing es an zu tropfen. Und wir bekamen einen ersten Vorgeschmack darauf, was Regenzeit heißt. Wir mussten jedenfalls an unsere Reise im vergangenen Frühling denken: Regen am Horizont. Die Grenze nahte, die Formalitäten dort waren so problemlos wie immer, auch das Einchecken in Mata Mata und das Bezahlen mit der Wild Card waren schnell erledigt. Ergebnis: Um fünf saßen wir schon wieder zum Nachmittagsdrive im Auto.

Ein vielversprechender Start

Und was für ein Nachmittagsdrive, es ging gut los: Löwen in Craig Lockhart. Na wenn das keine gute Einstimmung auf sechs Nächte im Kgalagadi Transfrontier Park war. Zufrieden fuhren wir nach Mata Mata zurück und grillten auf unserer Terrasse. Immer wieder ein gutes Gefühl, in Afrika sein, lecker grillen, es sich einfach gut gehen lassen. Die gefühlten Hundertschaften von riesigen Motten verleideten uns das zwar ein wenig, aber beklagen wollten wir uns trotzdem nicht.

Löwen im Kgalagadi Transfrontier Park