Ostersonntag, 17. April 2022
Da war es wieder. Das Eigentlich. Eigentlich hatte heute Morgen alles bestens geklappt, die Sonne lachte und wir waren nach dem Frühstück endlich aufs Rad gestiegen und losgefahren. Sechs Tage Radtour an der Loire entlang, wir freuten uns drauf. Bis es zischte.
Jetzt stehen wir hier, irgendwo in einem unbelebten Vorort von Tours und schauen etwas ratlos aus der Wäsche. Wir waren kaum eine halbe Stunde unterwegs, als sich mein bis dahin (das sei bei aller Meckerei am Vortag zugegeben) wirklich gut laufendes Rad plötzlich irgendwie schwergängig anfühlt. Ohoh. Mein Verdacht bestätigt sich schnell, aus dem Vorderreifen verabschiedet sich gerade das letzte bisschen Luft. Na prima. Nur gut, dass bei den Mieträdern ein Reparaturkit dabei ist. Denken wir.
Also es ist auch dabei; blöd ist nur, dass die Luftpumpe nicht aufs Ventil passt … Und weil weit und breit weder eine Menschenseele noch ein Radler zu sehen ist, wähle ich am Ostersonntag die Service-Hotline von Eurobike. Die junge Dame am andere Ende hört sich mein Problem an und verspricht, sich in ein paar Minuten wieder zu melden. Das tut sie auch nach etwa einer Viertelstunde – mit der Frage, ob wir denn die Eurobike-App hätten, da seien die Fahrradwerkstätten in der Nähe eingezeichnet. Ich hole tief Luft und zähle innerlich bis zehn.
Dann setze ich der Dame auseinander, dass erstens „in der Nähe“ ein dehnbarer Begriff ist, wenn das Rad platt ist und dass ich zweitens nicht glaube, dass ich am Ostersonntag in einer Radwerkstatt jemanden erreiche. Aha. Sie lässt sich noch einmal erklären, wo wir sind, und verspricht erneut, sich um Hilfe zu kümmern. Die Hilfe kommt; allerdings nicht von Eurobike, sondern in Form von zwei Schweizern, die seit Anfang April mit ihrem Liege-Sitz-Tandem von daheim bis hierhergefahren sind.
Die beiden sind supernett, packen sofort an und ruckizucki ist der Schlauch geflickt und mit einer passenden Luftpumpe auch wieder prall gefüllt. Zwischendurch meldet sich tatsächlich der hiesige Eurobike-Partner und will helfen. Dem guten Mann kann ich vermelden, dass wir keine akute Hilfe mehr benötigen, dass es jedoch schön wäre, wenn wir heute Abend im Hotel eine passende Luftpumpe vorfinden würden. Ein platter Reifen reicht mir zwar, aber man weiß ja nie … Das verspricht er und kündigt seinen Mechaniker für 18 Uhr an.
Gut. Dann kann’s ja jetzt weitergehen. Wir bedanken uns bei den beiden Schweizern, schwingen uns auf die Räder und fahren fröhlich weiter. Ungefähr zwei Minuten. Dann stellt Dirk fest, dass wir in der völlig falschen Richtung unterwegs sind, was auch erklärt, warum so gar kein Radverkehr herrschte … Nun gut, dann drehen wir halt um. Wir amüsieren uns über uns selbst und sind dann irgendwann sicher, dass wir jetzt auf dem richtigen Weg sind.
Der ist bestens ausgebaut, auch wenn er deutlich weniger am Wasser entlang führt, als wir ursprünglich dachten (was sich bis zur letzten Etappe so durchziehen wird). Entlang der Route liegt heute gleich eine ganze Sammlung an Schlössern, denen wir natürlich allen einen Besuch abstatten. Los geht es mit dem Château de Villandry, das vor allem durch seine Gartenanlage punktet. Die ist selbst jetzt im doch noch zeitigen Frühjahr schon richtig schön und beeindruckend. Ich mag diese geometrisch angelegten französischen Schlossgärten.
Das Wetter ist ein Traum in Geld und Blau und wir hätten uns in Villandry gerne noch in eine Bar gesetzt und eine Kleinigkeit gegessen; aber der Ort ist so klein und das Wetter so schön, dass trotz nur mäßigen Touristenandrangs leider alles voll ist. Macht nichts, wir radeln mal weiter und schauen, was noch so kommt. Zum Schloss in Langeais müssen wir den den Radweg kurz verlassen und die Loire überqueren. Der kleine Ort sieht einladend aus, auch hier wieder eine nette Bar, sogar mit Platz für uns – diesmal ist allerdings der Besitzer so schnodderig und schnarchnasig, dass wir aufgeben.
Das Schloss selbst ist klein und eher unspektakulär und nach einer kurzen Runde durch die Innenräume und den Garten radeln wir weiter in Richtung Ussé. Da herrscht am Ostersonntag auch endlich mal so etwas wie Andrang; bisher waren wir überrascht, wie wenig Ausflügler unterwegs sind. Das Château d’Ussé liegt richtig schön, etwas erhöht und ist mit seinen vielen Türmchen durchaus ein Hingucker. Allerdings steht die Sonne jetzt am Nachmittag schlecht und wir sind auch langsam müde von der Radelei.
Folglich halten wir es auch hier eher kurz (die ausgiebigen Besichtiger sind wir ja sowieso nicht) und sehen dann zu, dass wir nach Chinon kommen. Dabei handeln wir uns unabsichtlich noch ein paar zusätzliche Höhenmeter ein und sind froh, als wir im wunderschönen Hotel Diderot in Chinon ankommen und die Räder für heute dann mal in die Ecke stellen können. Eine ausgiebige Dusche und ein kühles Bier im Garten später sind wir schon wieder deutlich fitter.
Der Mechaniker bringt eine passende Luftpumpe vorbei, wir essen sehr lecker im Les Années 30 und sind gespannt auf die nächsten Etappen unserer Tour.
Unsere Route in MyMaps