Gnuende Gnus in der Nachbarschaft

Freitag, 25. März 2016

Kronenkranich im Ngorongoro-Krater, Tansania

Auf diesen Tag habe vor allem ich hingefiebert. Ngorongoro-Krater. Serengeti. Orte, an die ich mich schon als Kind geträumt habe. Und heute soll ich dort also wirklich stehen. Gänsehaut. Hoffentlich endet das nicht in einer Enttäuschung aufgrund zu hoher Erwartungen.

In Arusha hatte Ewan uns noch gesagt, dass wir an diesem Tag früh morgens um halb sieben würden aufbrechen müssen. Wir fanden das logisch, früh aufbrechen, früh im Krater sein, typisch Safari. Daniel schaute uns gestern dann aber an, als kämen wir vom Mars. Nein, nein, nein, Hektik sei nicht nötig. Er würde uns dann mal um halb acht abholen. Normalerweise hätten wir jetzt protestiert. Daniel hatte allerdings in den letzten Tagen ein derart perfektes Zeitmanagement an den Tag gelegt, dass wir ihm vertrauten. Und zwar völlig zu Recht.

Gewohnt pünktlich ist Daniel auch an diesem Tag wieder zur Stelle, wir laden unser Gepäck ein und machen uns auf den Weg. Der führt zunächst einmal nach oben, immer weiter nach oben. Klar, wir sind im Rift Valley. Schon die Ausblicke unterwegs sind gigantisch. Richtig genial wird es am Aussichtspunkt, an dem Daniel anhält. Von dort aus hat man einen schlichtweg atemberaubenden Blick in den Krater (um genau zu sein in die Caldera) und kann sich ein Bild von der Größe machen. Auch das Wetter spielt mit; es ist zwar noch recht diesig, aber die Sonne zeigt sich bereits und sorgt für richtig schönes Licht.

Panorama Ngorongoror-Krater, Tansania

Wir fotografieren und könnten noch ewig hier stehen – wenn da nicht auch der unbedingte Drang wäre, jetzt endlich in den Ngorongoro-Krater zu fahren. Der hält, was wir uns von ihm versprochen haben. Elefanten, Zebras, Antilopen und jede Menge Störche sind beinahe schon „Standardprogramm“  und nach ein paar Minuten sehen wir sogar schon unser erstes Nashorn. Weit weg zwar, aber hey – ein Nashorn haben selbst wir noch nicht allzu oft in freier Wildbahn gesehen. Der Krater ist tatsächlich ein Tier-Paradies, es ist uns fast schon zu viel, denn suchen muss man hier nicht. Auch wenn es sich blöd anhört: Wir fühlen uns irgendwie mehr wie in einem deutschen Safari-Park als wie mitten in Afrika.

Was natürlich nichts daran ändert, dass wir es genial finden! Hyänen liegen faul in Matschpfützen auf dem Weg, Zebras grasen direkt am Rand und lassen sich überhaupt nicht stören. Alles wirkt so entspannt, so friedlich, so ruhig. Auch ein paar Löwen lassen sich blicken und verursachen einen kleinen Stau (der sich auflöst, als ein bescheuerter Guide meint, er müsse mit seinem Wagen dem Löwen so dicht auf den Pelz rücken, dass der genervt aufsteht und sich trollt – so viel zu „ruhig und friedlich“, zum Glück ist er aber der einzige, der sich komplett daneben benimmt).

Hippo im Ngorongoror-Krater, Tansania

Selten: ein Hippo an Land

Hyäne im Ngorongoror-Krater, Tansania

Gute Nacht, Hyäne!

Zebras im Ngorongoror-Krater, Tansania

Doppel-Zebra?!

Wenn sich ein Vertreter der Big 5 zeigt, dann bilden sich schnell kleinere Gruppen von Safari-Fahrzeugen. Als bei einer Nashorn-Sichtung fast zwanzig Autos zusammenkommen, finden wir das ziemlich viel. Daniel winkt allerdings ab … Das sei doch gar nichts, in der Hochsaison könnten das auch mal fünfzig Wagen sein. Na vielen Dank. Aktuell finden wir das Touristenaufkommen völlig in Ordnung, aber zum ersten Mal kommt uns der Gedanke, dass wir hier ganz bestimmt nicht in der Hochsaison sein möchten.

Daniel merkt, dass wir gerne etwas weiter abseits der anderen Touristen sein möchten und steuert eine etwas entlegenere und auch deutlich tierärmere Ecke im Krater an. Wobei – „tierärmer“ vielleicht, aber nicht weniger spektakulär, denn wir sehen wunderschöne Kronenkraniche und mitten am Tag zwei Hippos, die ganz entspannt an Land grasen. Gegen Mittag vertilgen wir das Lunchpaket der Plantation Lodge und verlassen den Ngorongoro-Krater. Vor uns liegen zwei bis drei Stunden Fahrt bis zur Serengeti …

Natürlich sind auch am Eingang zur Serengeti erst einmal wieder Papiere auszufüllen, einzusammeln, abzugeben. Daniel erledigt das und wir vertreiben uns die Zeit mit einem kurzen Aufstieg zu einem Aussichtspunkt. Wobei uns das eigentlich viel zu anstrengend ist, weswegen wir uns ein gemütliches Plätzchen im Schatten suchen und warten, bis Daniel zurückkommt. Und er kommt mit guten Nachrichten, zumindest für uns. In der Serengeti hat es in diesem Jahr bisher viel zu wenig geregnet. Und das sorgt dafür, dass die Gnus in ihrer alljährlichen Migration schon viel weiter sind als üblich.

Gnus und Zebras in der Serengeti, Tansania

Wir hatten uns zu Hause informiert und waren davon ausgegangen, dass wir von der Great Migration nichts sehen würden, weil wir am „falschen“ Ort sein würden. Jetzt aber stehen wir kurz nach dem Gate schon in einer großen Gnu-Herde und die weite Ebene der Serengeti ist bis zum Horizont mit dunklen Tupfen übersäht. Wow. Na so darf das weitergehen. Wir nutzen den Weg zu unserem Camp zu einem Game Drive, sehen einen schlafenden Löwen unter einem Baum und bekommen im Abendlicht wunderbare Fotos von den Zebras, die mit den Gnus zusammen Richtung Masai Mara ziehen. Kaum zwei Stunden sind wir jetzt in der Serengeti und sie hat uns schon in ihren Bann gezogen. Wir sind glücklich. Wir sind zufrieden. Ein gutes Gefühl.

Und dann kommen wir zu unserem Camp. Uns bleibt der Mund offen stehen. Auf einer Ebene steht eine einzelne Schirmakazie, daneben hat Innocent unser Zelt aufgebaut. Und vielleicht dreißig Meter davon entfernt ziehen tausende von Gnus entlang. Und das heißt im Klartext, dass wir die Great Migration nicht nur sehen, sondern mittendrin übernachten. Sprachlose Begeisterung macht sich breit. Wir duschen, bewundern den Sonnenuntergang und lassen uns einmal mehr Alois‘ Drei-Gang-Menü zum Abendessen schmecken. Alles begleitet von einem Sound, der uns so schnell nicht mehr aus dem Kopf gehen wird: *gnuuuuh*

Private Camp in der Serengeti