Oh Tannenbaum …

Donnerstag, 24.12.2009

Heilig Abend, Zeit den Christbaum zu schmücken und Weihnachtslieder zu singen. Also dann: „Oh Tannenbaum!“ Na ja, zugegeben, gesungen haben wir diese Zeilen nicht, sondern eher überrascht vor uns hin gemurmelt. Auch in Äthiopien, einem Land, dessen Bevölkerung sich zu etwa 80 % aus Muslimen und äthiopisch-othodoxen Christen zusammensetzt, also mit „unserem“ Weihnachten wenig am Hut hat, bekommen die Touristen ihren Weihnachtsbaum. Und was für einen, dicht behängt mit bunt blinkenden Lichterketten … Geschmackssache!

Wir hätten darauf durchaus verzichten können, ansonsten gefiel uns die Paradise Lodge in Arba Minch beim ersten Hinschauen ausnehmend gut. Nur schade, dass wir wieder einmal erst recht spät unser Zimmer bezogen. Der Tag war lang gewesen, er hatte aber auch erst spät angefangen: Unser erster Programmpunkt war der Markt in Key Afer gewesen. Und da alle aus den umliegenden Dörfern zu Fuß zum Markt kommen, beginnt das bunte – und damit spannende – Treiben erst ganz langsam im Laufe des Vormittags.

Der Markt in Key Afer ist ziemlich groß und gefiel uns richtig gut. Auch trotz der Streitigkeiten mit dem Jungen, der Dirk (absichtlich, wie wir unterstellen) ins Bild gelaufen war und dafür dann Geld haben wollte. Irgendwann musste das passieren, dank Haile hat er kein Geld gesehen. Mein Horror auf den Märkten ist übrigens immer der „Buttermarkt“ – bei über 30 Grad im Schatten jedesmal auch geruchlich ein echtes Erlebnis …

Mit einigen durchaus stimmungsvollen Fotos von diesem Markt im Gepäck ging es weiter, Mittagspause in Weyto, wo diesmal außer uns kaum andere Touristen zu sehen war. Und wieder Injera mit Bohnensoße; auf Dauer wäre mir das zu eintönig, aber einen Urlaub lang finde ich dieses Essen richtig lecker. Die Straße nach Arba Minch war zumindest teilweise geteert, eine echte Wohltat und entsprechend kamen wir etwas schneller voran als in den letzten Tagen. Kurz vor Konso dann Hailes Ankündigung: Wir besuchen den König von Konso! Aha. Den Hügel rauf, wieder runter, um die Ecke. Irgendwann standen wir auf einem Stück Wiese vor dem „Anwesen“ des Königs von Konso und bewunderten den Ausblick über die terrassierten Hänge, vielmehr aber wieder einmal die Tatsache, dass Tadesse scheinbar jede Straße und jeden Weg auch ohne den kleinsten Wegweiser findet.

Der König war noch im Gespräch mit anderen Touristen, also nutzten wir die Zeit und schauten uns den Begräbnisplatz und die Holzstelen an, das Konso-Pendant zu unseren Grabsteinen. Dann endlich – Auftritt: der König von Konso, Herr über ca. 300.000 Konso. Ein junger Mann mit blau-bunter Mütze, Shirt und Shorts aus demselben bunten Baumwollstoff und studierter Bauingenieur. Vor sieben Jahren erreichte ihn in Addis Abeba die Nachricht vom Tod seines Vaters und aus war es mit der geplanten Promotion. Er kehrte zurück nach Konso und wurde zum König ernannt.

Ein durchaus sympathischer Typ, der uns auf Englisch von den Traditionen seines Volkes erzählte und wie er als oberste Instanz Streitigkeiten unter den Konso schlichtet. Neben der äthiopischen Gerichtsbarkeit und irgendwie daran vorbei. Moderne und Tradition, so erklärte er uns, wolle er zusammenbringen. Ein hehres Ziel, ob er das wohl schafft? Es ist ihm zu wünschen. Wir waren jedenfalls durchaus beeindruckt und ausgesprochen froh, dass Haile uns zu diesem Abstecher genötigt hatte.

Das alles hatte länger gedauert, als von Haile geplant (Zeitmanagement war nicht sein Ding), dazu kamen diverse Kuh- und Ziegenherden, die die Straße verstopften – logische Folge: Wir waren erst gegen sieben Uhr und damit im Dunkeln in der Paradise Lodge. Dass der Ausblick aus unserem Zimmer auf die Seen Chamo und Abaya allerdings gigantisch sein würde, war selbst bei Dunkelheit zu erahnen …