Montag, 27. Mai 2024
Wir fühlen uns irgendwie nicht wohl. Beim Frühstück sind wir die einzigen Gäste – ja, gut, wir waren pünktlich zum Frühstücksstart am Buffet, aber da ist noch fast nichts aufgebaut und die offensichtlich zuständig Dame ist von unserem Erscheinen eher genervt als angetrieben. Wir frühstücken spartanisch und schnell, checken aus und haken das Hotel Solomon in Kutaissi ab.
Die Sonne scheint, wir haben den ganzen Tag Zeit, um zurück nach Tbilissi zu kommen und die Zeit wollen wir auch ausgiebig nutzen. Nach dem etwas holprigen Start sollte dieser Tag einer der amüsantesten der ganzen Tour werden – und das heißt etwas, denn wir hatten auf dieser Reise durch Georgien sehr oft sehr viel Spaß 😄
Unser erster Stopp für heute ist die Kazchi-Säule, ein klitzekleines Kloster hoch oben auf einem Felssporn. Wir hatten gelesen, dass man die Kazchi-Säule von einer gegenüber liegenden Anhöhe quasi “auf Augenhöhe” fotografieren kann; Google kennt zwei entsprechend gekennzeichnete Viewpoints, da wollen wir hin. Tante Google übernimmt die Navigation, schickt uns irgendwann in eine kleine Straße, die sich links hochwindet. Die kleine Straße wird zum winzigen Sträßchen, das sich bald in einen Feldweg verwandelt … Sind wir hier wirklich richtig?
Drehen ist schwierig, also folgen wir dem Pfad, bis wir zu einem Bauernhof an einer kleinen Wiese kommen. Wir treffen auf drei Georgier, denen ich mit Händen und Füßen erkläre, wo wir hinwollen. Irgendwann nickt einer der Männer. Bedeutet uns, dass wir weiter in die Richtung müssen und ich meine etwas von “erti kilometri” zu verstehen, was zum in die Höhe gereckten Finger passt. Also noch ein Kilometer?! Wir sind unschlüssig, aber wie so oft siegt die Neugier. Das Auto lassen wir stehen und laufen los …
Eigentlich ein schöner Spaziergang, die Landschaft ist herrlich. Nur … wo ist die Kazchi-Säule? Dirk befragt Google und ja, irgendwo links von uns muss sie sein. Wir kommen an einem Wegweiser vorbei, der 200 Meter bis zum Panoramablick angibt. Nach 500 Metern ist klar: Entweder wir sind falsch oder der Wegweiser.
Dirk tendiert zum Aufgeben, das kann mein Dickschädel aber nicht akzeptieren. Ich folge am Wegweiser nochmal einem anderen, winzigen Pfad. Der geht in ein kleines Wäldchen. Und nach ein paar Metern durch Geäst und Gestrüpp … schauen wir durch die Bäume direkt auf die Kazchi-Säule 😎
Wir mögen solche “Abenteuer” und sind entsprechend allerbester Laune, als wir nach Tschiatura aufbrechen. Die kleine Bergbaustadt, die in einem engen Talkessel mit steilen Feldwänden liegt, ist vor allem für ihre alten Seilbahnen bekannt. Wir laufen eine Weile am Ufer des Qwirila entlang, biegen dann in die Stadt ab – sowjetischer Plattenbau-Charme – und testen dann mal die neue Seilbahn auf der Sanatorium-Line. Von hier oben überblickt man die Stadt ganz gut; viel zu sehen gibt es allerdings nicht. Das war aber auch gar nicht unser Plan, es ging uns tatsächlich vor allem um das Seilbahnfahren in Tschiatura.
So langsam wird es Zeit, etwas konsequenter Tbilissi anzusteuern. Wobei … einen Stopp legen wir doch noch ein. Ein lost place, eine alte verlassene Seilbahnstation. Wieder wühlen wir uns durch Gestrüpp, das hat heute irgendwie Methode. Und dann staunen wir. Die Zeit scheint in der alten Station stillzustehen, wir warten jeden Moment darauf, dass das alte Telefon an der Wand klingelt. Passiert aber nicht, das einzige Geräusch ist das Klicken unserer Kameras.
Jetzt aber auf in die Hauptstadt. Der Weg nach Tiflis ist wenig spannend, bis auf einen kleinen Zwischenfall, als Dirk meint, eine Kuhherde überholen zu müssen, in der sich gerade ein übermütiger Jungbulle und der Chef streiten, wer denn nun die Kuh bespringen darf 🤣 Spannender ist der Berufsverkehr, der uns in Tibilissi erwartet. Grundsätzlich fanden wir das Autofahren in Georgien gar nicht so schlimm, die letzten Kilometer zum Hotel fordern vor allem meine Nerven dann aber doch noch einmal.
Alles geht gut, wir sind am späten Nachmittag zurück im Sole Palace, wo wir diesmal sogar ein Zimmer mit Balkon bekommen. Eigentlich war der Tag lang und anstregend genug, aber es zieht uns in die Stadt, in die wir uns vor zwei Wochen so verliebt haben. Wir schlendern also noch einmal ein Stündchen durch Tbilissi und suchen uns dann für ein frühes Abendessen das Suli aus. Auf dem Rückweg zum Hotel haben wir die spontane Idee, uns noch eine Flasche Wein mitzunehmen und auf dem Balkon zu trinken.
Wir springen schnell in eines der kleinen Lebensmittellädchen … und kommen erst eine halbe Stunde später, grinsend und kichernd wieder raus. Die Besitzerin ist ganz klar auf einer Mission: Allen Touristen, die bei ihr einkaufen, mit Inbrunst zu erklären, warum der georgische Wein der beste der Welt ist und warum das auch gar nicht anders sein kann. Ein herrliches Gespräch, das uns einmal mehr zeigt, dass wir die Georgier einfach mögen. Sie lieben ihr Land und ihre Kultur mit großer Leidenschaft und können gleichzeitig lauthals über sich selbst lachen. Würde ich mir bei uns auch wünschen … beides …
Der Rest des Abends … gleitet entspannt bei einer Flasche Wein dahin 😊
Unsere geplante Reiseroute: