Wieso denn Regen?

Dienstag, 20. Oktober 2015

im Kaokoveld auf dem Weg nach Opuwo

Das Land und die Menschen sehnen den Regen herbei. Von unserem zugegeben etwas egoistischen Standpunkt aus könnte er sich aber noch so ungefähr eine Woche Zeit lassen. Die Nacht war warm und trocken; lediglich in der Ferne waren weiterhin Blitze zu sehen. Morgens ist der Himmel aber teilweise bedeckt und wir sehen immer mehr Wolken im Osten auftauchen. Osten ist gut. Für das Land, nicht für uns …

Die heutige Strecke hatten wir im Vorfeld beide eigentlich als „lang, langweilig, unspektakulär“ abgehakt. Warum auch immer – es gab dafür keinen echten Grund und wir sehen uns auch gleich auf den ersten Kilometern eines Besseren belehrt. Es ist ein wunderbar entspannter 4×4-Trail, der uns einmal mehr Ausblicke bietet, die trotz bedeckten Himmels und damit fehlenden Lichts einfach grandios sind. Die Folge ist natürlich wie so oft, dass wir nicht vom Fleck kommen, weil wir dauernd anhalten müssen, um zu staunen und zu fotografieren.

Es macht Spaß, diese Piste zu fahren. In einem Moment befinden wir uns in hitzeflirrender Lavawüste (alte Lava, ganz alte Lava!), hinter der nächsten Kuppe wird es dann plötzlich grün und es wachsen Palmen. Wunderschön. Wir lassen uns zunächst auch gar nicht davon stören, dass wir wieder einmal nur einen Schnitt von gut 20km/h fahren.

Ja, es sind heute knapp 200 Kilometer. Aber nach der Hälfte geht der Track ja in eine offizielle Straße mit eigener Nummer und allem Pipapo über. Da wird es dann bestimmt schneller. Oh mann. Manchmal könnte man meinen, wir seien zum ersten Mal in diesem Land. Die Piste geht also in die D3707 über und unser Navi bemerkt dazu nur: „D3707 [gravel] [bad road]“. Stimmt auffallend. Das ist keine Straße, das ist weiterhin ein 4×4-Trail. Und der wird leider mit zunehmender Strecke immer schlechter zu befahren. Und dann kommt auch noch der Regen.

Wir sind zunehmend ein klein wenig (Dirk) und vielleicht auch ein bisschen mehr (Niki) genervt von der Strecke und vor allem davon, dass die Fahrtzeit in Tracks4Africa mit sechseinhalb Stunden angegeben ist. Damit haben wir geplant und unseren üblichen Puffer draufgepackt. Derzeit sieht es aber danach aus, als würden wir mindestens acht oder sogar neun Stunden brauchen. Und das ist definitiv viel zu viel; wäre das absehbar gewesen, hätten wir die Etappe anders gelegt.

Dann aber, wie durch ein Wunder, wird die Straße ab Kaoko Otavi und damit etwa vierzig Kilometer vor Opuwo plötzlich zu einer der besten Gravelpads, die wir kennen. Das ist völlig absurd. Aber wir nehmen es dankend an. Plötzlich ist der vierte, der fünfte, ja sogar der sechste Gang möglich. Die Geschwindigkeit übersteigt 70 km/h und statt die befürchteten zwei Stunden bis Opuwo zu brauchen, sind wir eine dreiviertel Stunde später da. Das gibt uns tatsächlich noch die Chance, heute einzukaufen und damit morgen zum Frühstück auch Brot zu haben.

Übliche Rollenverteilung: Dirk geht einkaufen, diesmal im OK-Supermarkt (der offenbar auch tatsächlich mehr als okay ist), ich bleibe im Auto. Und rechne fest damit, gleich wieder Gesellschaft zu haben. Aber Fehlanzeige. Bis auf eine junge Frau, die mir etwas lustlos Armbänder anbietet, bleibe ich völlig unbehelligt. Und das, obwohl der Parkplatz von Menschen nur so wimmelt. Irgendwie eine spannende und auf jeden Fall nicht unangenehme Erfarung.

Opuwo ist für uns sowieso eine interessante Mischung. Man sieht kaum Weiße und wenn, dann sind sie meist als Tourist zu erkennen. Und bei den Schwarzen herrscht ein buntes „Stammesdurcheinander“ (nein, das ist ganz und gar nicht despektierlich gemeint!), das wir so in anderen Städten noch nie gesehen haben. Vor allem Herero und Himba fallen auf – und das ist schon allein aufgrund des unterschiedlichen Kleidungsstils ein optischer Reizpunkt.

Jetzt aber endlich zur Opuwo Country Lodge, einchecken und dann in Ruhe eine kühle Cola auf der Campsite. Das ist der Plan. Bis wir auf die Campsite kommen. Und schlucken. Okay, das ist mal minimalistisch. Eigentlich hat die Campsite ja alles, was man braucht: einen ordentlichen Grill, eine Lampe, eine Steckdose. Aber sie ist unglaublich klein und eng. Wir könnten hier „Gullivers Reisen“ aufführen. So etwas haben wir im südlichen Afrika noch nicht erlebt. Und irgendwie passt es zum Tag. Nach der Cola sind wir entspannter – für eine Nacht wird es schon gehen. Aber witzig finden wir das trotzdem nicht.

Es drohen weiterhin dunkle Regenwolken, die auch immer mal tropfen. Und es windet heftig. Uns ist klar, dass Grillen oder Kochen nur Quälerei werden würde, deshalb entschließen wir uns, in der Lodge zu essen. Und das ist eine gleich doppelt gute Entscheidung. Die Terrasse der Lodge bietet einen phänomenalen Ausblick; wir trinken unsere Sundowner, nutzen endlich mal wieder das Internet (zwei süße Fotos meiner Nichte warten in meinem Posteingang – herrje, ist das Mädel groß geworden!) und schauen fasziniert zu, wie ein Regenschauer der Extraklasse direkt vor uns niedergeht, krachende Donnerschläge inbegriffen. Das Essen ist dann auch noch lecker, der Service nett und lustig – abgesehen von der Campsite gefällt uns die Opuwo Country Lodge eigentlich ganz gut …

Das Wetter hat zumindest halbwegs ein Einsehen mit uns, nachts tropft es nur noch ein wenig und auch der Wind hält sich in Grenzen. Für heute sind wir der Regenzeit nochmal entkommen. Ich bin gespannt, ob wir das für den Rest der Tour auch hinbekommen.