Halb sechs. Aufstehen zum vorerst letzten Game Drive im Kruger, danach Aufbruch ins Abenteuer Mosambik. Das Wetter war immer noch indiskutabel, zu allem Überfluss regnete es Asche von einem nahen Buschbrand. Ja, auch diese Aschewolken verfolgen uns seit Neuestem im Urlaub … Der Game Drive war trotzdem erfolgreich: ein Blassuhu auf einem Baum, vier faule Löwen im Gras, eine riesige Büffelherde, gleich mehrere Nashörner und dann auch noch eine Löwin an einem Riss, umringt von hungrigen Hyänen und lauernden Geiern. Wenn das kein Spektakel war! Einziger (und wahrlich nicht zu unterschätzender) Wehrmutstropfen: Für halbwegs brauchbare Fotos fehlte definitiv das Licht.
Gegen halb elf checkten wir aus – allerdings nicht, ohne uns für das Ende der Reise gleich noch eine Nacht auf der Campsite in Crocodile Bridge zu reservieren. Wir holten in Komatipoort noch einmal Rand aus dem Geldautomaten und fuhren dann zur Grenze. Eine sehr afrikanische Grenze. Auf südafrikanischer Seite ging alles noch halbwegs fix und problemlos, auch wenn auf den Zolldokumente zunächst ein paar Angaben fehlten und uns der Zöllner angesichts unseres namibischen Kennzeichens etwas irritiert fragte: „But why do you drive from Namibia to Mozambique? Namibia is very beautiful!“
Über die Grenze in eine andere Welt
Ja, das finden wir bekanntlich auch. Aber Mosambik soll doch auch sehr schön sein?! Wir hatten in den vergangenen Tagen schon lernen müssen, dass die Südafrikaner nur zwei Meinungen zu ihrem Nachbarland kennen: Sie lieben es oder sie hassen es. Nun denn, wir wollten uns selbst ein Bild machen und rollten auf den Grenzposten auf mosambikanischer Seite zu.
Wir wussten: Es gibt an der Grenze nach Mosambik genau zwei Möglichkeiten – entweder versucht man sich alleine durch den portugiesisch-englischen Formular- und Papierwust zu kämpfen oder man überlässt das einem offiziellen Grenz-Guide. Der dann nicht mehr ganz so offiziell für seine Hilfe ein kleineres oder auch gerne etwas größeres Entgelt erwartet. Fragwürdiges Spiel, das wir aber mitgespielt haben. Und so zumindest deutlich schneller durch waren, als das deutsche Pärchen, das es vor uns alleine versuchte. Wobei „schneller“ bedeutete, dass wir eine geschlagene Dreiviertelstunde gebraucht hatten.
Ausgestattet mit einem tatsächlich wunderschönen Visum samt Foto (ich mit meinen verpennten Haaren!) und 10.000 Meticais aus dem Geldautomaten an der Grenze machten wir uns also auf den Weg nach Xai Xai. Und fanden uns hinter der Grenze unvermittelt in einer ganz anderen, viel afrikanischeren Welt wieder. Namibia, Botswana, Südafrika sowieso sind dem ersten Anschein nach durchaus recht nahe an Europa. Mosambik hingegen erinnerte uns sofort sehr viel mehr an Gambia oder auch an Äthiopien: Das Leben findet auf der Straße statt, es ist laut, es ist bunt, es ist chaotisch. Kurz: Es ist afrikanisch.
Das merkten wir vor allem während der Fahrt durch Maputo mit seinen vollgepackten Kleinbussen, den zweispurigen Straßen, die vierspurig befahren werden, und den vielen, vielen Menschen, die dazwischen herumwuseln. Afrika pur, irgendwie anstrengend und doch klasse zugleich. Das war vielversprechend.
Die Suche nach dem Bett
Wir hatten vor der Reise viel über die Polizeikontrollen und die vermeintlich korrupten Polizisten gelesen und waren gespannt, was nun alles passieren würde. Unser Auto, da waren wir uns sicher, entsprach allen mosambikanischen Anforderungen: gut sichtbare gelbe Warnwesten, reflektierendes Dreieck auf der vorderen Stoßstange, Aufkleber des Herkunftslandes auf der Rückseite. Und Dirk achtete peinlichst genau darauf, die Geschwindigkeitsbegrenzung deutlich zu unterschreiten. Trotzdem waren wir nach allen Berichten ebenso sicher: Es war nur eine Frage der Zeit, bis man uns anhalten und uns eine Geldbuße (Standard: 1.000 Meticais) aufbrummen würde. Mit welch fadenscheiniger Begründung auch immer.
Bis Xai Xai stand durchschnittlich alle 20 bis 30 Kilometer eine Polizeikontrolle am Straßenrand. Keine davon winkte uns raus. Glück gehabt. Dreimal auf Holz geklopft, auf dass es so bleiben möge. Es war schon gegen fünf am Nachmittag und damit kurz vor Sonnenuntergang, als wir in Praia do Xai Xai ankamen. Die Grenzformalitäten und auch die Fahrt, besonders quer durch Maputo, hatten länger gedauert als erwartet. Und wir hatten noch keine Unterkunft. Vorbuchen wollten wir nicht, weil eben unklar war, wie lange alles dauern würde, wie weit wir an diesem Tag kommen würden. Und im Reiseführer klang es, als habe Xai Xai touristische Infrastruktur und damit ausreichend Unterkunftsmöglichkeiten.
So viel zur Theorie. Wir fingen beim ersten Hotel an: hässlich, irgendwie schäbig, ach nee, lass uns weiterfahren. Die zweite Unterkunft: ganz hübsch – aber leider noch nicht eröffnet. Die dritte: kürzlich abgebrannt und der Besitzer aus lauter Verzweiflung sturzbetrunken. Die vierte: irgendwie seltsam und mit 100 Euro für ein self-catering Appartement auch deutlich überteuert. Zumal wir nichts zum self catern dabei hatten … Bei der fünften hatten wir dann endlich Glück: Das Chongoene Holiday Resort hatte zumindest noch eine Campsite für uns. Nicht gerade von berückender Schönheit, aber völlig okay, und an der Bar bekamen wir abends ein halbes Kilo Riesengarnelen für umgerechnet nicht einmal fünf Euro. Lecker!
Merke: Xai Xai scheint nicht der geeignete Ort, sich spontan eine Unterkunft zu suchen! Zumindest nicht, wenn man so gnadenlos anspruchsvoll ist wie wir …