Ein Winternachtstraum

Sonntag, 19. Dezember 2021

nordlicht, aurora borealis, in kiruna, schweden, dezember 2021

Wir hatten gehofft. Gewartet. In der Kälte ausgeharrt. Und dann konnten wir nur noch staunen. Nordlichter in wildem Tanz am Himmel. Fast war es, als müssten wir sie fühlen können.

Aber der Reihe nach, fangen wir morgens an … Nach dem Frühstück nehmen wir den Arlanda Express zum Flughafen, von wo aus wir am späten Vormittag nach Kiruna fliegen wollen. Am Flughafen ist jede Menge los, es herrscht ziemliches Chaos und wir stehen gefühlt ewig in der Schlange vor dem Security Check. Spaß geht anders, aber wir beschließen, dass wir uns die gute Laune nicht verderben lassen.

Der Flieger kommt mit einer knappen Stunde Verspätung los. Das überrascht uns wenig, denn mit SAS haben wir noch noch nie einen pünktlichen Flug erlebt … Wir waren gespannt auf Kiruna, hatten uns auf einen kleinen Flughafen eingestellt – aber so klein?! Der ist wirklich süß, da ist ja Banjul in Gambia größer. Wir sind jedenfalls noch nie auf einem so kleinen Flughafen gelandet (wenn man afrikanische Buschpisten nicht mitzählt 😉).

flughafen kiruna, schweden, dezember 2021

Die Temperaturen sind eisig. Und es ist dunkel. Na klar, ist ja auch Polarnacht, da ist es immer dunkel. Dachten wir. Oder vielleicht doch nicht? Zaubert die Polarnacht am Ende ungekannte und wunderschöne Lichtstimmungen? So viel vorab: Wir wurden nicht enttäuscht!

Vom Flughafen nehmen wir uns ein Taxi zum Camp Ripan, checken ein – sieht supernett aus, wenn auch skandinavisch funktional. Abendessen und Frühstück gibt es nur in festen Zeitslots, die man reservieren muss. Es sind fast nur noch Randzeiten frei. Die Corona-Abstandsregeln reduzieren die Restaurantkapazität … Für heute macht uns das nichts weiter aus, wir haben ohnehin eine Fototour für den Abend gebucht und wollen früh essen. Wir richten uns also in unserem Hüttchen ein, besorgen noch Wasser im Supermarkt und lassen uns dann auch schon das – richtig leckere! – Abendessen im Camp Ripan schmecken.

Die Fototour startet um halb acht. Und zwar erst einmal mit einer Einweisung in die richtigen Einstellungen der Kameras. Wer mag, kann sich auch eine Canon DSLR leihen – mögen wir nicht, haben wir selbst 😉 Dankbar sind wir aber auf jeden Fall für die Tipps zu Blende und Zeit. Die sind einer von zwei Gründen, warum wir uns für den ersten Abend eine organisierte Fototour gebucht haben. Der andere ist, dass wir schauen möchten, wo die „Profis“ hinfahren und wo vermeintlich gute Fotospots für die Nordlichter sind.

Nachdem die Kameras also eingestellt sind, werden wir noch mit (richtig!!!) warmen Thermohosen und dicken Schuhen ausgestattet. Eigentlich sind wir ja der Meinung, dass unsere Klamotten völlig ausreichend sind – wir lernen im Lauf des Abends allerdings recht schnell, dass -15 Grad doch ganz schön kalt sein können … Dann geht es los. Bei bedecktem Himmel. Wir sehen unsere Chancen auf Nordlichter schon wieder schwinden und dieses Gefühl wird nicht besser, als unser Guide anfängt, seine Kollegen abzutelefonieren, ob einer von ihnen klaren Himmel hat.

aurora borealis, nordlicht in kiruna, schweden, dezember 2021

Letztlich fährt er mit uns noch ein gutes Stück die Landstraße entlang und hält dann auf einem Rastplatz, wo wir unsere Ausrüstung aufbauen. Das Wetter hat ein Einsehen mit uns, es klart auf und tatsächlich zeigen sich die ersten grünen Schimmer am Himmel. Sie sind mit bloßem Auge zu sehen (nicht wie damals in Island) und wir sind völlig aus dem Häuschen.

Um uns herum tauchen immer wieder Nordlichter auf, wir fotografieren wie die Wahnsinnigen und können unser Glück kaum fassen. So schön. Und in dieser verschneiten Landschaft mit den Bergen im Hintergrund. Das sind Motive nach unserem Geschmack. Wir sind bis hierher absolut happy mit diesem Abend. Nur unser Guide schaut etwas zerknirscht. Ihm ist das nicht genug Spektakel am Himmel. Wir lassen ihn brummeln und fotografieren weiter …

nordlicht, aurora borealis, in kiruna, schweden, dezember 2021

Irgendwann sind alle trotz heißen Tees und dicker Klamotten durchgefroren. Das merkt auch unser Guide und bläst gegen 23 Uhr langsam zum Aufbruch. Mit steifgefrorenen Fingern packen wir Kameras und Stative ein – und dann geht es los. Am Himmel explodieren die Farben, Nordlichter tanzen über uns hinweg, wir können diese fallenden Vorhänge aus Licht fast spüren. Es ist so beeindruckend, dass wir erst einmal nur staunen. Irgendwann sendet das Hirn ein Signal – hallo, wie wäre es mal mit Kamera rausholen?

Die vor Kälte schmerzenden Finger sind vergessen, wir fangen mit den Kameras so gut es eben geht dieses gewaltige Naturspektakel ein, das nach gut einer halben Stunde so abrupt endet, wie es begonnen hat. Worte dafür finden wir nicht. Aber wir sind, auch wenn sich das erst einmal seltsam anhört, zutiefst bewegt. Und lernen ein ums andere Mal, dass Natur süchtig machen kann. Denn das, so viel steht fest, wollen wir wieder erleben.

spektakel am himmel - aurora borealis in kiruna, schweden, dezember 2021

spektakel am himmel - aurora borealis in kiruna, schweden, dezember 2021

spektakel am himmel - nordlicht in kiruna, schweden, dezember 2021