Sonntag, 02. Oktober 2016
Wir haben ihn nachts gehört. Und jetzt schon wieder. Irgendwo in der Ferne brüllt ein Löwe. Busch-Musik. Wir sind süchtig danach. Weniger süchtig sind wir nach den derzeit herrschenden Temperaturen, denn als wir uns aus dem Zelt wagen, sind es gerade einmal fünf Grad.
Andernorts wären wir vielleicht liegengeblieben, bis die Sonne das Zelt aufgewärmt hätte; in einem Nationalpark ist Aufstehen spätestens kurz nach Sonnenaufgang Pflicht. Und wir haben heute zudem einen anstrengenden Weg vor uns, den wir früh in Angriff nehmen möchten.
So sind wir bei schönstem Licht also früh auf dem Weg nach Nossob – und unser Timing ist perfekt. Wir sind gerade einmal ein paar Kilometer gefahren, da sehen wir mitten auf der Straße einen Löwen stehen. Sein Bruder taucht kurze Zeit später hinter ihm auf. Beide bewegen sich mit beinahe gelangweilter Selbstverständlichkeit auf uns zu.
Wir stehen quer auf der Straße, um besser fotografieren zu können. Als sie ein paar Meter vor uns sind, scheint es fast, als höben sie verächtlich eine Augenbraue: „Schon wieder so ein Tourist!“ Teilen sich auf, einer geht hinter dem Auto, einer vor dem Auto entlang. Und als sie vorbei sind, stimmt einer der beiden zu einem Gebrüll an, das uns durch Mark und Bein geht. Wow! Wir sind tief beeindruckt.
Der Rest der Fahrt nach Nossob bleibt unspektakulär – aber darüber würden wir uns nach dieser Sichtung nicht beschweren. Wir tanken in Nossob, kaufen noch einmal Wasser und widmen uns dann der Dünenstrecke nach Matopi. Die waren wir vor einigen Jahren schon mal in umgekehrter Richtung gefahren; allerdings sind unsere Erinnerungen daran durchaus unterschiedlich … Wir werden sehen.
Der Hilux bewährt sich und kommt mühelos mit den Dünen und dem tiefen Sand zurecht. Das war insgeheim unsere Sorge, denn die Mietwagen früherer Jahre waren häufig ansatzweise überfordert mit solchen Strecken. Es ist alles gut; rumpelig zwar, aber das ist nun einmal das Wesen einer Strecke über die Dünen der Kalahari.
Dann aber, so etwa bei Kilometer 36 von 95, irritiert uns beide ein Geräusch. Ein hartes, irgendwie gemeines Klappern vorne rechts. Wir hören uns das eine Weile an, es wird aber nicht besser. Ich hasse solche Geräusche. Und auf dieser Tour bin ich vielleicht auch inzwischen etwas hypersensibel. Wir steigen aus, schauen unter den Hilux und auch in den Motorraum, aber da sieht alles in Ordnung aus.
Um das klarzustellen: Es ist völlig normal, dass ein Auto auf so einer Strecke anfängt zu klappern, zu quietschen, zu knarzen und zu rattern. Aber mit einigen Jahren Erfahrung kennt man die typischen Geräusche. Und dieses hier gehört nicht dazu. Da wir aber nichts festellen können, fahren wir weiter und der Hilux spielt auch brav mit.
Nach gut dreieinhalb Stunden rüttelig-rumpeliger Fahrt erreichen wir Matopi 1. Wir suchen uns ein schattiges Plätzchen, stellen fest, dass auch der Kühlschrank inzwischen seltsam zischende Geräusche von sich gibt („Ach was, das macht nichts, so ein Engel-Kühlschrank ist unkaputtbar.“) und bereiten schon mal das Duschwasser vor.
Und wie ich mich gerade unter die am Baum befestigte Buschdusche stellen will, hören wir ein Auto auf die Campsite fahren … Beeindruckend, wie schnell man in Hose und T-Shirt springen kann 🙂 Zwei Autos fahren auf die Campsite. Die ist bei weitem groß genug, um sie mit anderen zu teilen, allerdings unterstellen wir den Campern, dass sie eigentlich auf Matopi 2 gebucht waren, aber jetzt am späten Nachmittag keine Lust mehr auf weitere elf Kilometer Gerüttel haben.
Egal, sie stellen sich so weit von uns weg, dass wir sie kaum sehen. Passt schon. Und ich kann endlich duschen. Zum Abendessen gibt es Rösti und dazu einen Cabernet Sauvignon von La Motte – Erinnerung an einen Abend mit meinen Eltern im Farmhaus in Groß-Umstadt.