Freitag, 29. März 2024
Ich traue diesen Eiszapfen nicht, die am Dach des Hotel Siglunes hängen. Die sind mindestens einen Meter lang und sehen gnadenlos spitz aus. Und weil es abwechselnd taut und wieder gefriert, rutscht auch immer mal einer runter. Ich will da nicht drunter stehen.
Dirk amüsiert sich köstlich darüber, dass ich deswegen immer Anlauf nehme, um auf dem Weg zum Frühstück möglichst schnell durch die Tür und aus der Gefahrenzone zu kommen. Fehlt nur noch, dass ich dabei auf dem eisigen Gehweg ausrutsche. Aber den Gefallen tue ich ihm nicht!
Das Wetter sieht auch heute Morgen wieder fies aus. So fies, dass die Hotelbesitzerin uns am liebsten ausreden möchte, abzureisen und uns auf die Straße zu wagen. Wir hingegen vertrauen, ignorant wie immer, darauf, dass es schon nicht so schlimm werden wird. Diesmal haben wir damit recht.
Sind wir noch in dichtem Schneetreiben und bei Sturmböen in Siglufjörður gestartet, so lacht uns eine gute Stunde später schon die Sonne vom blauen Himmel an. Und weil es so schön ist, versuchen wir noch einmal unser Glück in Glaumbær, dem kleinen Museumsdorf mit seinen Torfhäusern. Vor einer Woche hatten wir hier schon einmal angehalten, aber da war alles tief verschneit und Tür und Tor abgeschlossen. Die sonnigen letzten Tage haben nun dafür gesorgt, dass zumindest das kleine Eingangstörchen offen steht und man sich draußen umsehen kann.
Die Torfhäuser selbst und das kleine Museum sind zwar weiterhin geschlossen, aber wir freuen uns einfach, hier entlangstapfen zu können. Der Blick über den Skagafjörður und in die wunderbare Landschaft reichen völlig aus, um unsere ohnehin gute Laune weiter nach oben zu treiben. Zumal der neugierige Blick auf die Straßenapp uns zeigt, dass heute Morgen, offenbar nicht lange, nachdem wir Siglufjörður verlassen haben, die Straßen rundherum wieder gesperrt wurden 😯 Irgendwie haben wir in diesem Urlaub ein ganz gutes Timing. Und die Hotelbeseitzerin lag mit ihrer Warnung nicht ganz falsch …
Wir können uns kaum vorstellen, dass gar nicht so viele Kilometer Luftlinie entfernt gruseliges Winterwetter herrscht, während wir bei strahlendem Sonnenschein fröhlich pfeifend durch die Landschaft kutschieren. Unser nächstes Ziel ist der Hvítserkur, ein Basaltfelsen an der Ostküste der Halbinsel Vatnsnes und das ikonische Fotomotiv hier im Nordwesten. Entsprechend viel Andrang herrscht hier. Wow, das möchten wir nicht im Sommer erleben!
Wir parken auf dem oberen Parkplatz (der untere ist sowieso nicht zu erreichen, zu viel Schnee) und stapfen tapfer gegen den bitterkalten Wind ankämpfend durch Tiefschnee zur Aussichtsplattform. Island im Winter. Nichts für Sissis. Wir lieben es 😁 Der Felsen ist witzig und tatsächlich recht fotogen, mehr noch gefällt uns aber die Landschaft drumherum. Das tiefblaue Meer, der schwarze Lavasand und die verschneiten Berge am Húnafjörður sind einfach fantastisch.
Unser letzter Stopp für heute sind die Kolufossar. Die präsentieren sich fast vollständig zugefroren, ein beeindruckendes Bild. Noch beeindruckender, wenn man sich Fotos der Kolufossar anschaut, die im Sommer aufgenommen wurden. Da fließt da nämlich richtig viel Wasser die Fälle runter. Will sagen: ein Ganzjahresfotomotiv!
Langam wird es Zeit, zu unserer Unterkunft aufzubrechen. Die letzten Kilometer zu den Mörk Superior Cottages in Hvammstangi fahren wir auf blankem Eis und sind froh, dass die Reifen unseres Mietwags mit Spikes ausgestattet sind. Wir meistern die steile Abfahrt und sind sofort hin und weg von der Lage unserer Selbstversorgerunterkunft. Ist das gigantisch!
Es fängt wieder leicht an zu schneien und der starke Wind bläst die Flocken wild hin und her. Wir treffen noch kurz den Besitzer, der meint, wir könnten zum Ausladen vor das Cottage fahren, sollten dann aber gleich vor das Haupthaus umparken. Sonst würden wir vermutlich einschneien.
Wieder ignorieren wir einen gut gemeinten Ratschlag. Und diesmal bekommen wir die Quittung. Als wir zwei Stunden später zum Abendessen aufbrechen wollen, hat sich vor dem Auto eine riesige Schneewehe gebildet. Hatte ich schon mal erwähnt, dass wir ganz schön ignorant sein können? Pah. Schneewehe. Lächerlich. Also fahren wir uns fest.
Im Gegensatz zu Tiefsand lässt sich dieser pulvrig feine Tiefschnee hier nämlich nicht verdichten. Der Besitzer rettet uns mit seinem Trecker. Das Schauspiel wiederholt sich auf der Auffahrt gleich noch einmal. Und bei Schaubes hängt kurzzeitig der Haussegen schief. Allerdings nicht lange. Dazu ist es hier viel zu schön!