Bleiten, Bech und Bannen

Mittwoch, 21. September 2016

Unterwegs nach Aus

Langsam finden wir wieder in den Camping-Rhythmus und werden dabei auch effizienter. So kommt es, dass wir trotz aller Gemütlichkeit gegen neun Uhr aufbruchsbereit sind. Wir müssen noch bezahlen und wollen kurz Mails checken, dann kann es losgehen.

Tilos Kommentare auf unserer Website amüsieren uns königlich – und der Titel des heutigen Berichts ist auch an einen Kommentar von Tilo angelehnt. Alternativ hätte ich diese Etappe auch mit „Der verhexte Richtersveld“ überschreiben können. Aber der Reihe nach.

Morgens ist alles noch bestens. Um halb zehn sind wir auf der Piste, gut gelaunt freuen wir uns über die Landschaft, die uns auch beim x-ten Mal immer noch so gut gefällt wie eh und je. Wir filmen, wir fotografieren (immer mal mit Error 20), wir schütteln den Kopf über eine Gruppe Radfahrer. Warum tut man sich das an? Bei Hitze auf einer staubigen Schotterstraße nicht eben kleine Hügel rauf und runter … Jedem seine Leidenschaft 🙂

Wobei die Hügel auch dem Landy zusetzen. So sehr, dass Dirk links ranfährt und prüft, ob noch alle Reifen in Ordnung sind, weil das Auto vermeintlich kaum noch den Berg raufkommt. Es ist alles in Ordnung, dann ist es wohl doch nur einfach zu steil. Einsteigen, weiterfahren … Äh, hallooo?! Die Zündung hatte seit Windhoek immer einen zweiten Versuch gebraucht (das hatte auch Andreas Minz schon bemerkt, es aber auf die schlappe Batterie geschoben – Witzbold!).

Jetzt braucht es allerdings einen dritten, einen vierten Versuch, bevor der Landy anspringt. Nicht gut. Wir haben beide keine Lust, irgendwo am Ende der Welt zu stranden mit einem Auto, das nicht mehr anspringt. Mal sehen, ob sich das bis Klein Aus Vista wieder gibt. Tut es nicht. Stattdessen gesellt sich ein hoch sirrendes Geräusch dazu und der Motor wird immer schlapper.

Wir tanken erst einmal, fahren nach Klein Aus Vista, checken für die gebuchte Campsite ein und fragen nach einem Mechaniker, der sich das ganze Dilemma mal anschauen kann. Die leicht brummelige Dame an der Rezeption schickt uns zurück zur Tankstelle in Aus, dort sei eine Garage. Deren Besitzer kommt auch sofort herbeigeeilt – und streckt beim Anblick unseres Landys sofort die Waffen.

Nein, nein, Land Rover könne er nicht. Das müsse ein Experte machen, er kenne da auch einen, das sei der nächstliegende – auf einer Farm etwa 60 Kilometer südlich von Keetmanshoop. Für all diejenigen, die in namibischer Geographie nicht ganz so bewandert sind: Von Keetmanshoop trennen uns in diesem Moment gute 210 Kilometer (Teerstraße immerhin).

Der Garagenbesitzer ist superfreundlich, sucht uns die Telefonnummer von Johann Strauss (ja, der heißt wirklich so) auf der Farm Steinfeld raus, ruft dort sogar an und gibt uns auch gleich noch, sehr ermutigend, die Telefonnummer eines Abschleppdienstes mit. Also keine Übernachtung in Aus, stattdessen noch einmal drei Stunden Fahrt bis Keetmanshoop und dort morgen ein Treffen mit Martin, dem Mechaniker.

Irgendwie artet es jedes Mal in Chaos aus, wenn wir den Richtersveld einplanen. Aber was hilft es, auf nach Keetmanshoop. Wir hoffen nur, dass der Landy durchhält, die Motorleistung geht immer weiter zurück und dieses fiese Geräusch wird immer schlimmer. Die drängendste Frage aber ist: Wo übernachten wir eigentlich? Auf eine feste Unterkunft haben wir keine Lust, weit fahren wollen wir mit dem Landy aber auch nicht mehr. Wir entscheiden uns für das Quivertree Camp – in unserer Situation ok, ansonsten definitiv nicht empfehlenswert.

Kurz nach sechs kommen wir an, genervt und müde. Da passt es nicht, dass die Dame an der Rezeption auch noch unfreundlich ist, auf Barzahlung besteht (das Geld ist in einer Reisetasche ganz tief im Landy vergraben) und uns erst gar nicht telefonieren lassen möchte … Egal, irgendwann erreicht Dirk dann Martin und vereinbart mit ihm, dass er uns morgen eine SMS mit dem Treffpunkt aufs Handy schickt. Auf mein Handy, denn Dirks ist ja gelockt.

Wir wollen nur noch auf die Campsite. Der Landy blöderweise nicht. Er will endgültig nicht mehr anspringen und lässt sich nur mit Gewalt und beim gefühlt zehnten Versuch dazu bewegen, endlich zu starten. Wir suchen uns eine Campsite etwas abseits der Touristen und sehen, dass der Landy links vorne eine ölverschmierte Motorhaube hat. Ein Blick unter die Haube zeigt ein wahres Ölbad. Na super … Ändern können wir das heute aber sowieso nicht mehr.

Während Dirk das Zelt aufbaut, will ich schauen, ob ich überhaupt Handy-Empfang habe. Aus früheren Jahren wissen wir, dass der Empfang in dieser Gegend nicht berauschend ist. Müdigkeit und der durchaus spürbare Stress wegen des Landys sorgen dafür, dass mich mal wieder meine temporäre 4-Ziffern-Amnesie befällt. Normalerweise habe ich die, wenn ich vor einem Geldautomaten stehe. PIN-Eingabe nicht korrekt. 2 Versuche übrig. Hoppla. Ach nee, die PIN ging ja anders. PIN-Eingabe nicht korrekt. 1 Versuch übrig. Leichte Panik.

Dirk meint, ich solle das Handy weglegen, morgen früh sei das alles kein Problem. Schließlich gebe ich diese PIN seit Jahren mindestens einmal am Tag ein. Ein guter Rat, heute Abend würde ich mir nur noch das Handy sperren. Wir machen uns zum Abendessen ein paar Sandwiches und fallen todmüde ins Zelt.